Sounddesign: Nintendo und Super Mario Sounds nachbauen
In ihrer langen Schaffensperiode hat die Firma Nintendo nicht nur zahlreiche Spielekonsolen und Handhelds entwickelt, sie ist vor allem durch ihre Spiele selbst berühmt geworden. Man denke nur an ikonische Serien wie The Legend Of Zelda, Pokémon, Metroid und natürlich, allen voran, die Abenteuer des Klempners Mario. Dessen Spiele sind nicht nur Gameplay-technisch ein Hochgenuss, auch die akustische Untermalung ist stets auf dem Punkt. Einen der berühmtesten Mario-Sounds schauen wir uns in dieser Sounddesign-Ausgabe an.
Der kleine Schnauzbartträger begann seine Karriere in der Spielhalle mit dem legendären Automaten »Donkey Kong«. Damals noch unter dem Namen Jumpman unterwegs, war »Donkey Kong« nicht nur in der Spielhalle ein Riesenerfolg − es wurde auch auf zahlreiche Homecomputer und Videospielsysteme portiert. Der absolute Durchbruch erfolgte dann allerdings Mitte der 80er mit »Super Mario Bros.« auf dem NES (Nintendo Entertainment System). Dieses Spiel legte den Grundstein für vieles, was sich auch heute noch in jedem Mario-Spiel wiederfindet, so zum Beispiel die sich immer wiederholende Geschichte um Oberbösewicht Bowser, der zum x-ten Mal Prinzessin Peach entführt und Mario somit zu ihrer Rettung eilen muss. Ähnliches gilt für das Sounddesign, denn viele der klassischen »Super Mario Bros.«-Sounds werden auch heute noch, in oft nur ganz leicht abgewandelter Form, wiederverwendet.
Werfen wir also einen Blick auf den Sound, um den sich alles dreht. Als König des Jump’n’Run-Genres müssen wir uns natürlich mit Marios altbekanntem Hüpf-Sound beschäftigen − ein nasal, hohler Ton, welcher zum Ende hin nach oben gepitcht wird. Der Sound an sich hat von seinem Charakter her viel mit dem klassischen Boing-Cartoon-Sound gemeinsam, bei dem eine Pauke angeschlagen und direkt danach hochgestimmt wird.
Koji Kondo, Sounddesigner und Komponist für das Spiel, hatte allerdings nicht die Möglichkeit, zur Pauke zu greifen − er musste sich mit dem Soundchip des NES begnügen. Dieser verfügt über zwei Kanäle, die jeweils eine Rechteckwellenform erzeugen, wobei die Pulsbreite dieser Wellenformen in vier Stufen einstellbar ist. Hinzu kommen noch ein Kanal, der eine Dreieckswellenform erzeugt, ein Noisegenerator sowie ein Kanal für extrem niedrig aufgelöste Samples. Dessen Einsatz war allerdings aufgrund des zusätzlichen Speicherverbrauchs und der Kosten für Modulspeicher limitiert.
Machen wir uns also an die Analyse. Mein NES ist glücklicherweise aufgebaut und jederzeit einsatzbereit und somit spiele ich kurz eine Runde Super Mario, bis ich Welt 1−2 erreiche. Hier hat die Musik nämlich immer längere Pausen, sodass man in einer dieser Pausen wunderbar einen Sprung ausführen und diesen dann aufnehmen kann. Das NES hat praktischerweise einen Cinchausgang für die Audioausgabe und somit kann ich problemlos meinen Zoom H6 anschließen und den Sprungsound recorden.
Zugegeben: Natürlich gibt es zahllose Möglichkeiten, sich diesen Sound aus dem Netz zu laden (wenn diese auch oftmals emuliert sind), aber wenn die Kiste nun mal hier rumsteht, kann man sie schließlich auch nutzen. Dass ich danach natürlich noch ein bisschen weitergespielt hab, muss ja schließlich niemand erfahren.
Wenn man sich die technischen Gegebenheiten des NES anschaut und mit dem hohlen Sound vergleicht, können wir daraus recht schnell den Schluss ziehen, dass die Hauptzutat unseres Sounds eine Pulswelle ist. Weiterhin lässt sich erkennen, dass ein A3, welches im Verlaufe hochgepitcht wird, der Grundton unseres Sounds ist. Zudem springt noch der perkussive Attack des Sounds ins Auge bzw. ins Ohr. Ein Blick auf die Wellenform bestätigt das Ganze. Hier wird aber noch ein weiteres interessantes Detail sichtbar, welches den perkussiven Beginn maßgeblich beeinflusst denn nach ca. 57 ms ändert sich die Weite der Pulswelle von 50/50 auf 25/75. Außerdem kann man auf den Bildern unten gut erkennen, dass die Pulswelle keineswegs eine saubere Rechteckform ist, sondern vielmehr einen leichten Sägezahneinschlag hat. Daher ist es wichtig, verschiedene Synthesizer auszuprobieren und herauszufinden, wessen Pulswelle der des NES nahe kommt.
Synthwahl
Ich bin hier mit der Pulswelle des Steinberg Retrologue 2 bereits sehr zufrieden − um mich noch näher an den Originalsound heran zu bewegen, habe ich zwar noch einen zweiten Oszillator mit einer Sägezahnwelle hinzugefügt, diesen allerdings auch nur mit zu 17 % beigemischt. Wichtig ist, dass die Oszillatoren nicht frei laufen, sondern immer wieder in der gleichen Phasenlage starten − wir haben es hier schließlich mit einem wiederkehrenden Effektsound zu tun, und der soll jedes Mal gleich klingen.
Der Retrologue 2 stellt mich allerdings vor ein anderes Problem. Die Breite der Pulswelle lässt sich nicht abrupt ändern, wie es eigentlich nötig wäre, vielmehr kommt es hier zu einem stark hörbaren Smoothing. Daher habe ich als Workaround einfach zwei Retrologue-Instanzen verwendet: Die erste spielt lediglich die ersten 57 ms mit 50 % Pulsweise, die zweite steigt direkt danach ein und beginnt direkt mit 25 % Pulsweite.
Um mir nun weitere Details des Originals leichter anhören zu können, habe ich die Aufnahme in Groove Agent SE geladen − jeder andere Sampler funktioniert natürlich genauso. So kann man mithilfe der Start- und Endmarker sehr schnell Teile des Sounds auswählen und gezielt anspielen. Man hört, dass der Sound schrittweise in Halbtönen nach oben zu gehen scheint, wobei es mir so vorkam, als ob auch zwei Ganztonsprünge enthalten waren. Am Ende des Sounds bin ich dann beim A4 angekommen. Passend zur Originalwellenform habe ich die einzelnen Noten eingezeichnet und diese anschließend so verlängert, dass sie sich leicht überlappen.
Anschließend habe ich Retrologue auf monofon und den Trigger-Mode auf »Legato« gestellt, Glide aktiviert und die Glide-Time auf ca. 39 ms justiert. Damit der Sound bei einer Wiederholung nicht vom A4 wieder aufs A3 hinunterbendet, habe ich außerdem den Fingered-Modus aktiviert. Alternativ kann man auch den Coarse-Parameter des Synthesizers automatisieren und damit ebenfalls Notensprünge erreichen.
Abschluss
Damit ist unser Hüpfsound auch fast fertig, zu guter Letzt fehlt uns nur noch eine Lautstärkeautomation. Wenn wir hier zum Vergleich nochmal die originale Wellenform betrachten, sehen wir, dass der Beginn, der sich über die Note A3 erstreckt, deutlich lauter ist als der Rest und es danach einen Lautstärkesprung mit anschließendem Fade-Out gibt. Dementsprechend gestalten wir unsere Lautstärkekurve, wobei gerade der Fade-Out ein wenig Feintuning benötigt − ich habe mich hier für eine logarithmische Kurve entschieden, die somit erst sehr spät einen deutlichen Lautstärkeabfall hat. Viel Spaß beim Experimentieren!
Software-Instrumente menschlich klingen lassen – Henning Verlage – Wochenrückblick #68
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