Einstieg in das Thema 3D-Audio!
In Zeiten ohne Live-Musik würde man sich wünschen, wir hätten schon viel früher und umfassender damit begonnen, Konzerterlebnisse gefühlsecht zu dokumentieren. Immersiv ist das Zauberwort: Ganz in den Sound eintauchen, vom Klang umhüllt werden. Gerade auf der Wiedergabeseite hat sich einiges getan. Physische Datenträger sind passé; per Streaming können auch vielkanalige Formate wie Dolby Atmos und Auro 3D verbreitet werden. Immer mehr Konsumenten leisten sich 3D-fähige Soundbars für ihr TV, und das primäre Wiedergabesystem für Musik ist heute der Kopfhörer – mit der Möglichkeit, binauralen 3D-Sound zu genießen. Fehlt nur noch der Content – und da sind wir Musiker und Produzenten gefragt!
Der Wunsch nach einem intensiveren Hörerlebnis besteht seit Beginn der Tonaufzeichnung. Und gerade in den ersten Jahrzehnten wurden enorme Fortschritte gemacht. Die generelle Klangqualität verbesserte sich kontinuierlich, und bereits seit den 1950ern begann Stereofonie, sich beim Konsumenten durchzusetzen. Seit der Einführung der CD in den 1980ern hat sich jedoch kaum noch was getan. Vielfach lag das an Formatkriegen und der Schwierigkeit, physische Datenträger und Abspielgeräte für hochauflösendes Audio mit vielen Kanälen zu etablieren. Dazu kommt die Kostenfrage. Schon eine 5.1-Surround-Anlage müsste eigentlich etwa das Dreifache einer Stereoanlage kosten. Faktisch verkauft wurden während des Surround-Booms Anfang der 2000er aber vor allem Billigst-Systeme für 99 Euro. Klanggewinn? Fehlanzeige! Statt vor einer edlen Stereoanlage fand man sich nun von Audioschrott umzingelt. Doch selbst wer bereit ist, Geld in die Hand zu nehmen, wird nicht selten von der Realität eingeholt bzw. vom Wunsch nach einem aufgeräumten Wohnzimmer ohne Boxenstative und Kabelwust rings um die Couch.
Familienfreundlicher sind 3D-taugliche Soundbars, die inzwischen von einigen Firmen angeboten werden. Zum Launch von Sennheisers AMBEO-Soundbar hatte ich Gelegenheit, mir diese in einem Hotelzimmer anzuhören. Der Eindruck entsprach zwar nicht einer ausgewachsenen 7.1.4-Installation, aber das Klangbild war deutlich »größer« und umhüllender als nur Stereo. Bisweilen schienen Klänge von weit außerhalb der üblichen Stereobreite zu kommen. Weniger gut abgebildet wurde der Rückraum, denn die zusammen mit dem Fraunhofer Institut entwickelten Algorithmen setzen auf Schallreflexionen – was natürlich nur funktioniert, wenn der Raum genügend schallharte Flächen bietet. Das war in besagtem Hotelzimmer nicht der Fall. Trotzdem war das Klangerlebnis »mehr als stereo«.
Noch einfacher ist der Zugang zu 3D-Sound via Kopfhörer. Binauraler Sound benötigt nur zwei Spuren, und ist somit kompatibel zu bestehenden Tonträgern, File-Formaten und Vertriebswegen. Der Konsument benötigt nichts, was er nicht bereits besitzt. Es liegt alleine an uns Musikern und Produzenten, die Möglichkeiten zu nutzen, die der anhaltende Trend zum Kopfhörer eröffnet, unsere Kampfzone zu erweitern.
Binaurale Aufnahmen gibt es schon lange; einen ersten kleinen Boom gab es ab Mitte der 1970er, als die Firma Neumann ihr erstes Kunstkopf-Stereomikrofon, den KU 80, auf den Markt brachte. Damals entstanden vor allem Hörspiele in binauraler Technik, aber auch einige Musiker und Pop-Produzenten wie Alan Parsons oder Godley & Creme nutzten die Kunstkopftechnik. Dass das Interesse rasch wieder nachließ, lag schlicht an der Tatsache, dass man damals Musik vornehmlich über Boxen konsumierte. Der Kopfhörer galt als Notlösung. Das ist heute anders. Gefühlt 90 % der Musik wird heute per Kopfhörer konsumiert. So viele Menschen konnte man noch nie mit 3D-Sound erreichen!