Roland VT-3 – Multieffekt
Neben dem Drumcomputer TR-8 und der Bass-Line TB-3 geriet dieses kleine Gerät vielleicht ein wenig in den Hintergrund — völlig zu Unrecht, wie wir meinen. Das Kürzel „VT“ steht für „Voice Transformer“ und lässt auf eine Reinkarnation des Voice Transformer VT-1 schließen — ein weiteres Kultgerät aus dem Hause Roland, das unter dem Label „Boss“ 1996 auf den Markt kam. Der VT-3 wird als Kombination von Vocoder, Vocal-Processor und Synthesizer angepriesen. Das klingt schon mal spannend …
Die Handhabung ist jedenfalls sehr einfach: Mikrofon anschließen, eines der Programme wählen, und schon kann der Spaß losgehen. Und tatsächlich: klassische Roboter-Stimmen, wundersam schwebende Chöre, den eigenen Gesang in fette Lead-Synths transformieren – der VT-3 knallt einem die Sounds nur so um die Ohren. Das Teil dürfte ein ähnlich beliebter Vocalisten-Effekt wie sein Vorbild VT-1 werden. Aber der Reihe nach.
Von außen betrachtet ist der VT-3 ein Gerät, wie man es sich für den Live-Einsatz wünscht: robust, kein Schnickschnack, simple, aber effektive Handhabung und praxisnahe Anschlüsse: Die Rückseite ist mit einer XLR/ Klinken-Kombibuchse für den Mikrofon – anschluss ausgestattet. Sie besitzt eine Eingangsimpedanz von 4,4 kOhm und lässt sich über einen Schalter mit Phantomspeisung versorgen, was auch der Verwendung von Kondensatormikrofonen die Tür öffnet.
In direkter Nähe sind zwei Klinkenbuchsen zu finden, die je nach Stellung des „Select“- Schalters entweder das Stereosignal oder das trockene und effektierte Signal getrennt auf zwei Monokanälen ausgeben. Zwar ist noch eine USB-Buchse vorhanden, für die Stromversorgung allerdings ist stets das mitgelieferte 5,7-V-Netzteil nötig. Power-Schalter und Anschlussmöglichkeit für ein Fußpedal sind vorbildlich mit an Bord.
Ein weiteres Mikrofon, der Hersteller weist hier auf die notwendige „Plugin“-Funktionalität hin, lässt sich über die Miniklinkenbuchse (2,2 kOhm) an der Vorderseite direkt neben dem Kopfhörerausgang anschließen.
Deckplatte
Im Zentrum der schwarzen Oberfläche ist ein gerasterter Drehregler zur Effektauswahl eingelassen, welche über den einfarbigen LED-Kranz angezeigt wird. Beide Flanken fassen Schieberegler für die Parameter Pitch, Formant, Mix Balance und Reverb. Sechs gummierte Buttons mit grüner Hintergrundbeleuchtung kümmern sich um die Verwaltung der drei Speicherplätze, der Bypass- und Manual-Funktion sowie den „Robot“-Modus, den wir uns noch genauer angucken.
Ein Gain-Poti an der oberen rechten Kante stellt den Ausgangspegel gleichzeitig für die Klinkenausgänge und die Kopfhörerbuchse ein. Daneben wird mit einem baugleichen Poti der Eingangspegel festgelegt, der bei Übersteuerungen zur Warnung eine kleine rote Peak-LED erhellt. Haptik und Steuerverhalten der Bedienelemente sind gut, wenn auch die Schieberegler etwas fester auf der Achse sitzen dürften.
Im Betrieb
Sobald „Manual“ aktiv ist, lässt sich der Sound mit den Schiebereglern nach eigenem Geschmack anpassen. Während sich „Radio“ und „Megaphone“ größtenteils von selbst erklären, haben die anderen sieben Effekte schon speziellere Eigenschaften. Die beiden Programme „Auto-Pitch“ korrigieren das Eingangssignal tonal, indem sie es auf eine chromatische Skala verschieben. Lediglich die Klangfarbe variiert etwas zwischen erster und zweiter Variante.
Schade, dass man diese Funktion à la „Auto Tune“ nicht mit den folgenden drei Effekten kombinieren darf, denn hier sollte man den Ton mit der Stimme möglichst genau treffen: „Synth, Lead“ und „Bass“. Während „Synth“ einen obertonreichen Pad-Sound ausgibt, mutet „Lead“ mit seinem eher sinustonartigen Klang fast schon einem Theremin an. Überraschend fett entpuppt sich der Bass-Modus. Regelt man hier noch den Formant Parameter nach unten, erklingen teilweise wirklich böse und mächtige Vocal-Sounds. Für Dubstep-Ästhetik muss man allerdings mit geübter Mundakrobatik nachhelfen.
Auch der „Vocoder“ fördert gute Sounds zutage, die mit ihrem knurrigen Charakter etwas dem VP-330 ähneln. Gerade für diesen Effekt erscheint die Taste „Robot“ wie prädestiniert, denn sie entfernt tonale Variationen des Eingangssignals, sodass alle Modi stets nur eine Note ausgeben – roboterhaft eben. Ist die Funktion aktiv, lassen sich mit dem Vocoder und dem Pitch-Fader interessante Vocal-Lines etwa im Stil von Intergalactic der Beastie Boys hervorragend nachahmen. Zu guter Letzt ist mit „Scatter“ noch ein Modus an Bord, der sich um Stotter- und Repeat-Effekte kümmert. Das Wiederholungsmuster wird offenbar durch kurze, perkussive Laute gestartet, wobei sich ein Zufallsgenerator um den weiteren Verlauf der Klangschnipsel kümmert.
Ein feines Kistchen also für Vocal-Effekte. Und die reizen auf jeden Fall, auch mal andere Signalquellen auszuprobieren: Die Kombibuchse eignet sich, um auch Klinkenkabel aufzunehmen. Im Test musste das Mic-Poti jedoch ganz nach links gedreht und auch der altehrwürdige Yamaha CS1x ein paar Grad zurückgeregelt werden, bis das Peak-Lämpchen keinen Mucks mehr von sich gibt. Dann machen die Effekte aber auch auf dem Synthesizer eine gute Figur. Wer sich allerdings erhofft, Klangerzeuger ohne eigenes Pitch-Wheel durch den Pitch-Slider des VT-3 frei transponieren zu können, wird nur bedingt Freude haben. Der Algorithmus erfüllt bei Einzeltönen zwar seinen Dienst, liefert bei polyfonen Klängen, sprich Akkorden, eher unbrauchbare Ergebnisse, die nicht mehr viel mit Harmonie am Hut haben. Gut, dass der Pitch-Slider also in der Mittelstellung einrastet und somit nicht arbeitet.
Möchte man Settings für einen späteren Zeitpunkt abspeichern, kann man dies durch längeres Drücken von einem der drei SceneButtons erreichen. Eine erneute, kurze Betätigung lädt die die Einstellungen augenblicklich.
Eine Öffnung für den Talkbox-Schlauch wird ja nicht erwartet, aber der MIDI-Eingang ist ärgerlicherweise dem Rotstift zum Opfer gefallen. Selbst über den USB-Port lassen sich keine Notenbefehle übertragen. Sehr schade, denn so schwingt beim Vocoder, Synth, Lead oder Bass immer der Zufallsfaktor mit – für exakte melodische Ergebnisse muss man zuerst den Ton treffen. Die vorhandene USB-Anbindung würde außerdem einen Software-Editor anbieten, um Effekte und Presets komfortabel am Computer zu bearbeiten, doch auch hier verzichtet Roland auf Mehrarbeit.
Fazit
AZIT Der VT-3 überzeugt durch einen hohen Spaßfaktor und vielseitige Klangvariationen. Es gibt sicherlich auch etliche Plugin-Lösungen für derartige Effekte, wer aber ein Stand-alone-Gerät für Live-Zwecke sucht, wird beim VT-3 nicht lange zögern. Etwas ärgerlich ist der Verzicht auf eine MIDI-Schnittstelle, welche Leistungsfähigkeit und Trefferquote von Vocoder-, Pitch- und Synth-Effekten mit Sicherheit erhöhen würde. Rolands Neuauflage besticht in erster Linie als Standalone-Gerät, der Betrieb als USB-Audio-Interface ist eher als praktisches Schmankerl anzusehen.
Pro und Contra
+ vielseitige Klangvariation
+ übersichtliche Bedienoberfläche
+ optionaler Einsatz als Audio-Interface
– kein MIDI-Eingang
– sehr knappe Dokumentation
Hersteller- und Produktinfos
Hersteller/Vertrieb Roland
Internet www.rolandmusik.de
UvP/Straßenpreis 210,— Euro / ca. 200,— Euro