Kolumne mit Martha Bahr

Hinab in den Kaninchenbau

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Panic_Girl Martha Bahr
Martha Bahr aka. Panic Girl

Aller Anfang ist schwer. Und gerade Modularsynthesizer wirken auf Neueinsteiger nicht nur wie das Cockpit eines Raumschiffes oder das Innere eines Borg Cubes, sie sind anfangs auch deutlich komplizierter zu bedienen als so manch anderes Instrument.

Auch bei mir war die Lernkurve recht steil, als ich mir vor gut zehn Jahren meinen ersten Modularsynth kaufte und anfing, eigene Sounds zu patchen. Ich kann mich bis heute noch genau daran erinnern, wie ich eines Nachmittags spontan zum Hieber Lindberg fuhr, einem recht großen und gut ausgestatteten Musikgeschäft im Zentrum Münchens, und die Treppen hoch in den ersten Stock ging, um mich ein wenig in der Synthesizer Abteilung »umzusehen«. Na ja, man weiß ja, wie das üblicherweise endet. Oben angekommen, dauerte es keine fünf Minuten, bis ich dann schließlich dieses kuriose, seltsam futuristische, wie aus einem Sci-Fi-Film entsprungene Instrument entdeckte. Einfach nur wow! Es war Liebe auf den ersten Blick, ich musste diesen durch und durch technisch anmutenden Kasten unbedingt haben.

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Was mich da in seinen Bann gezogen hatte, war ein Doepfer A-100 Basissystem im 6-HE-Koffer, den ich dann auch noch am selben Nachmittag voller Stolz mit nach Hause nahm. Ich hatte natürlich keine Ahnung, wie das Ding funktionierte, und ließ es mir vom Verkäufer noch ausführlich erklären, auch wenn ich die Hälfte von dem, was er sagte, gar nicht verstand. Er zeigte mir die einzelnen Module und erstellte mir sogar einen Patch, damit ich zu Hause daran weiter tüfteln konnte.

Die Kabel ließ ich eine ganze Weile so gesteckt, wie sie waren, da ich mir nicht so sicher war, ob ich alleine schon etwas Brauchbares, oder besser gesagt, Hörbares zustande bringen würde. Ich kämpfte mich nach und nach durch das etwas sperrig zu lesende Doepfer-Manual und wäre zeitweise sehr dankbar gewesen, wenn es mehr Online-Tutorials oder Patch-Anleitungen gegeben hätte. So wären mir bestimmt einige Frustmomente erspart geblieben.

Der große Hype um Modularsynthesizer kam erst ein paar Jahre später – und mit ihm viele Vorteile, vor allem für Neueinsteiger. Zugegebenermaßen mag die Auswahl an Modulen inzwischen durchaus überwältigend sein. Während man dazumal noch einen guten Überblick über die einzelnen Hersteller hatte, ist es heute schlicht unmöglich, alle namentlich aufzuzählen. Positiv betrachtet gibt es dadurch nun aber auch scheinbar unendlich viele Möglichkeiten, seinen Wunschsound umzusetzen, sich immer wieder neu zu definieren oder auch mal etwas Experimentelles oder Abgefahrenes auszuprobieren, wenn man das denn möchte.

Darüber hinaus haben natürlich auch schon einige Firmen wie Erica Synths, ACL, Make Noise oder Endorphin. es darauf reagiert, dass der Abstieg in den modularen Kaninchenbau auf viele erstmal abschreckend wirkt und »Komplettsysteme« auf den Markt gebracht. Ähnlich wie auch bei meinem damaligen Doepfer Basissystem beinhalten solche Systeme eine sinnvolle Auswahl an Modulen inklusive Case, mit dem man dann auch sofort anfangen kann, Sounds zu patchen. Das widerspricht natürlich ein wenig dem eigentlichen Sinn und Zweck eines Modularsystems, nämlich sich ein durch und durch individuelles Wunschinstrument aus einzelnen Modulen zusammenzustellen. Aber es kann dennoch gerade für Einsteiger ein guter Ansatzpunkt sein, von dem aus man sich dann immer weiter in den Kaninchenbau hineinwagen kann.

Ein anderer »sanfter« Einstieg wäre es, sich einen semimodularen Synthesizer zu holen, den man nicht patchen muss, aber kann. Einen Erebus von Dreadbox zum Beispiel oder Moog Mother 32, die nebenbei bemerkt auch noch fantastisch klingen. Solche Synths kann man komplett ohne Patchkabel bedienen, es wird einem jedoch durch ein kleines Steckfeld die Möglichkeit gegeben, die meisten Parameter nach Belieben umzupatchen.

Oder aber man kennt jemanden, der sich schon einen Modularsynthesizer geholt hat, und lässt sich bei einem gemütlichen Bier das eine oder andere Detail erklären. Es lohnt sich auch, einen Blick in Facebook-Gruppen oder einschlägige Foren zu werfen, und in vielen Städten gibt es bereits diverse Veranstaltungen rund ums Thema Modularsynth, bei denen man sich in der Regel ohne Weiteres einklinken kann: regelmäßige Meetups, Jamsessions, Konzerte oder Workshops beispielsweise.

Der größte Vorteil des Hypes um Modularsynthesizer liegt meiner Meinung nach allerdings in der schieren Vielfalt an Informationen zu dem Thema. Man kann sich heutzutage aussuchen, welches Medium es sein soll und in welcher Form man sich informieren möchte, sei es per Online-Videos, Workshops, Forenbeiträgen, Livestreams, Bedienungsanleitungen oder Social-Media-Kanälen. Man kann Festivals und Messen besuchen, sich unter Anleitung eigene Module löten, Livekonzerte besuchen und anschließend womöglich noch die Künstler mit Fragen löchern oder beim lokalen Stammtisch nach Gleichgesinnten suchen. Wie auch immer der eigene Weg aussehen mag, auch nach zehn Jahren bin ich nach wie vor voll und ganz davon überzeugt, dass es die Mühe lohnt, und ich bin begeistert von all den Möglichkeiten, die einem geboten werden. Wie man es letztendlich angeht, ist reine Geschmackssache. In dem Sinne, ich bin dann mal patchen.

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