Kurz-Test: Tardigrain Granular-Synth-App (iPhone/iPad)
Ein Bär-Tierchen als Maskottchen für eine Musikapp? Ungewöhnlich. Ein Granular-Synth für iPhone und iPad? Ebenfalls! Grund genug für einen Kurz-Test – wir haben uns die App für iPhone und iPad genauer angeschaut!
Bärtierchen sind quasi Beispiellos in der Biologie – die mikrokleinen Organismen leben unter widrigsten Umständen und schaffen es sogar, in einem todesähnlichen Zustand noch extremeren Bedingungen standtzuhalten. Man vermutet sogar, dass es Bärtierchen über Weltraummissionen bis auf den Mond geschafft haben und dort eines Tages reanimiert werden können.
Warum wir uns hier einen kleinen Exkurs in die Biologie gegönnt haben? Nun – das Bärtierchen passt als Maskotchen zur App Tardigrain eigentlich ganz gut!
Das Konzept
Bei Tardigrain handelt es sich um eine optisch reduzierte Granular-Synth-App. Das bedeutet, dass sich der Sound auf kleinste musikalische Schnipsel (sogenannte Grains) bezieht. Die App gibt uns dabei auf Smartphone und Tablet verschiedenste Möglichkeiten des Sounddesigns und der Performance an die Hand, um mit den Mikro-Samples umzugehen.
In der Praxis
Konkret handelt es sich bei Tardigrain um eine Sampleapp. Das Adiomaterial findet über verschiedenste Möglichkeiten seinen Weg in die App. Ihr könnt zum Beispiel über das integrierte Mikro eures Geräts ebenso kleine Soundschnipsel aufnehmen, wie fertige Samples über AudioCopy.
Die wesentliche Besonderheit besteht darin, dass ihr dieses Audiomaterial quasi bis auf die kleinste Einheit kürzen und anschließend mit Effekten anreichern könnt. So wird aus einem Streicher-Sound ein krazend-schwurbelndes Wrrrrrr und aus einem Pad ein schwurbelndes Bimmeln, ähnlich einem Xylophon.
>> Granularsynthesizer und wie man damit Sounds erzeugt <<
Die App sieht optisch dabei minimalistisch aus, gibt euch aber verschiedenste Möglichkeiten an die Hand. Über den Bildschirm gibt es die Möglichkeit, die Hüllkurve, Gain und Effektparameter individuell anzupassen und eure Sounds anschließend abzufeuern. Wem das zu frickelig ist, nutzt die MIDI-Möglichkeit und verwendet einen externen Controller.
Die Besonderheit: Tardigrain unterstützt MPE-MIDI, kann also zum Beispiel über ein Seaboard noch expressiver angesteuert werden. So werden zum Beispiel Effektverläufe Aftertouch-Modulationen möglich.
Für Einsteiger gibt es eine Hilfe-Funktion, die euch mit einem Tipp auf die Bedienelemente erklärt, was jeweils dahinter steckt. Das ist inzwischen im Musik-App-Bereich Gang und Gäbe, ebenso wie die Unterstützung von Audiobus und Inter-App-Audio. So lässt sich Tardigrain gut in euer virtuelles Setup integrieren.
Fazit
Wir greifen an dieser Stelle noch einmal das Bärtierchen auf: Bei einem Grain-Synth kann man durchaus davon sprechen, dass es in die Extrembereiche des Samplings geht. Mir persönlich macht das Herumprobieren mit Grains und Effekten großen Spaß. Selten kann man das Endresultat schon im Vorhinein planen und die reduzierte Oberfläche von Tardigrain unterstützt eine sinnvolle Bedienbarkeit selbst auf einem Smartphone. Bei mir stellt sich deshalb selten eine „Totenstarre“ wie bei den Bärtierchen ein.
Die Unterstützung von MPE ist ungewöhnlich und sorgt dort für große Flexibilität im Ausdruck.
Auch wenn Tardigrain etwa über Audiobus gut eingebunden ist in die große Musik-App Welt, fehlt mir allerdings eine Möglichkeit, eine kurze Performance oder auch nur eine kleine Phrase aufzunehmen, um sie dann in einer anderen App direkt weiter zu verwenden. Das lässt sich aber durchaus im Zusammenspiel zum Beispiel mit GarageBand lösen. Schön wäre eine Option direkt „ab Bord“ gewesen.
Tardigrain | Für iPhone & iPad | 46 MB | Version 1.0.23. | Entwickler: erik sigth | Preis: 5,49€