Korg MS-20: Elektronik für alle!
Den Haken an der Evolution dürften unter anderem zehntausende MS-20-Spieler ins kollektive Unbewusste eingeschrieben haben: Warum verdammt nochmal klingt die Miami-Vice-Melodie von Jan Hammer oder der Vangelis-Bladerunner-Sweep auf dieser legendär knarzigen Kiste so anders als auf den Platten? Tja Folks …
… das ist die Schattenseite des unrasiert-analogen Charakters der Vintage-Kisten: Jede spielt am liebsten in ihrem eigenen Dreck. Wer sowohl filigran als auch brachial tönen wollte, brauchte mehre Synths − umschaltbare Filtermodelle und Oszillator-Algorithmen waren damals so unbekannt wie Sonden, die auf Kometen landen. Willkommen im Burgenland!
>> ARP Odyssey – Sound of Funkyness <<
Aber zu welchem Preis: Selbst für einen simplen Polysynth wurden locker (inflationsbereinigt) 10.000 Euro aufgerufen. Die Frage war nicht: Urlaub oder Instrument. Stattdessen wurden Autos oder Eigentumswohnungen in die Waagschale gelegt.
Kult: Retro-Synth
Legen wir also das Gilmour-Foto zur Seite. Denn die Zeiten haben sich geändert: Analoges Equipment mit Tasten dran kommt wieder − aber sein Penthouse in London muss man dafür heute nicht mehr aufgeben. Ausnahme: Moog Music hat unlängst in traditioneller Handarbeit (!) Keith Emersons Monster-Moog nachgebaut. Interesse? Dann bitte einfach 150.000 Dollar abzählen.
https://soundcloud.com/keyboardsde/special-kult-of-korg-der-ms-20
Anderswo herrschen aber − im Vergleich zu den 1970ern − Los Wochos: Arp Odyssey und Korg MS-20 sind wieder da, Oberheims SEM auch; Moog klingt mit Sub Phatty und dem aktuellen Sub 37 wieder wie echt zum kleinen Preis; Prophet-Guru Dave Smith beglückt die Keyboarder wieder mit Analog-Schlachtschiffen, die seine 1978er-Maschine vielseitigkeitsseitig lächelnd in die Tasche stecken: Smith hat sogar die alten Original-Chips, etwas aufgehübscht, wieder backen lassen. Und der Berliner Manfred Fricke, dessen Mini-Sequenzer unter dem Namen “Manfred Fricke, Berlin” (oder MFB) in den 1980ern so manchen beglückten, wächst seit Kurzem gar erst recht über sich hinaus.
Und nicht nur er: Auch neue Leute stecken den Kopf aus ihrer Entwickler-Garage. Arturia, Elektron, Vermona (OK, nicht ganz neu, das waren die Moogs der DDR), Studio Electronics (OK, das waren in den USA die Moogs, als es Moog nicht mehr gab), Jomox, Dreadbox, Analogue Solutions! Und selbst das ist nur die Spitze des Eisbergs: Modularistas aller Länder schrauben sich inzwischen wieder die abgedrehtesten Module in ihre Doepfer-Cases: Oszillatoren mit nie gehörten Wellenformen, seltsamste Steuerspannungsquellen und VCAs mit Kennlinien wie das EigelsteinMassiv, Trigger-Shredder, Filter nach historischen Vorbildern oder mit ganz eigenem Steckbrief. Ob digital oder analog, Lederjacke oder Hornbrille: egal. Hauptsache es gibt viele, viele Kabel zu stecken. »Analog« ist wieder da. Gut so.