Electronic Percussion Tools für Bühne und Studio
Ob Live-Einsatz oder im Studio — elektronische Percussion-Instrumente sind vielseitige Tools. Denn auf ihren Schlagflächen, die man mit Händen oder Drumsticks bearbeiten kann, kann man elektronische Sounds authentisch performen — was auch auf der Bühne optisch deutlich mehr her macht als das rhythmische Fingern auf Tastatur und Mini-Pads. Neben der Lösung von Clavia auf den vorangegangenen Seiten hier noch ein paar Ideen und Alternativen …
Die Auswahl an Instrumenten ist nicht gerade groß, dennoch bietet der Markt sehr unterschiedliche Konzepte, die sich mit den Händen und/oder mit Drumsticks bearbeiten lassen. Manche wiederum lassen sich auf die verschiedensten Spielweisen anpassen. Herausragendes Beispiel ist da ist z. B. die hier groß gezeigte Korg Wavedrum mini, die über ein externes Clip-Mikro praktisch beliebige Gegenstände in Trigger-„Pads“ verwandeln kann.
Komplett anders funktioniert wiederum die Multipad-Oberfläche der Roland Hand-Sonics, über die sich die internen Sounds sehr clever kombinieren lassen.
Sehr unterschiedlich fallen auch die Klangerzeugungen aus. Benutzen die Geräte von Roland und Yamaha vornehmlich Sampling bzw. fest gespeicherte ROM-Samples, verwendet Korgs Wavedrum sogar zusätzlich Physical-Modeling, was verbunden mit der echten Schlagfell-Oberfläche und hochauflösender Sensortechnik nicht nur sehr authentische Spielweisen und Sounds erlaubt, sondern vor allem einzigartige Ausdrucksmöglichkeiten bietet – eine guter Ansatz, um mit elektronischen Percussion- und Drumsounds zu experimentieren.
Nicht zuletzt eröffnen die meisten der vorgestellten Geräte auch als MIDI-Einspielinstrumente völlig neue Möglichkeiten, Percussion-Parts auf authentische Weise in den Sequenzer zu performen.
Korg Wavedrum
Das wohl extravaganteste Electronic-Percussion-Instrument ist die Wavedrum. Zum einen werden hier mittels Physical-Modeling „natürliche“ Percussion-Instrumente von Conga über Tabla und Djembe u.v.a.m. sehr authentisch nachgebildet, zum anderen bietet die Schlagfläche die notwendige Sensibilität, um diese Instrumente ausdrucksstark zu spielen. Die Tonabnehmer der Wavedrum beziehen den vom 10″ großen Fell erzeugten Sound in die Klangformung ein – damit geht weit mehr als mit einem Trigger-Pad.
Etwas verwirrend vielleicht: Die Wavedrum gibt es in drei Versionen, wobei die älteste und am sparsamsten ausgestattete WD-X nicht auch die günstigste ist – das Oriental-Modell ist etwas günstiger, besitzt aber dennoch mehr Sounds und Features. Das neuste Global-Modell schließlich bietet noch mehr Inhalt, ist aber auch die teuerste Version.
Die Bespielbarkeit des Fells ist für Drummer nicht unbedingt so wie gewohnt, erlaubt dafür aber grundsätzlich das Spielen mit den Händen oder verschiedensten Schlegeln und Drumsticks. Mit Sticks gespielte Schläge am Rand vermitteln exakt das Gefühl wie bei einer echten Trommel, zur Mitte hin nehmen die Rebound-Eigenschaften jedoch rapide ab, weil mittig unter dem Fell ein Kissen-Sensor liegt, in dem der Stock quasi „versackt“. Mit der Hand gespielt, machen sich hingegen die Naturfellqualitäten des Fells angenehm bemerkbar, und die leicht uneben und rau gehaltene Fellstruktur ermöglicht bei bestimmten Algorithmen auch das Erzeugen von entsprechenden Sounds, wenn man mit der Hand übers Fell streicht.
Der 5 cm breite Rim lässt sich als zusätzliche Spielfläche einsetzen (Beispiel – Fell: Snare, Rim: Bassdrum). Die Wavedrum besitzt je nach Modell 100 bis 200 Presets plus weitere 100 bis 200 freie Speicherplätze für Eigenkreationen. Die Sounds können aus 100 bis 400 Samples (bei Korg „PCM-Instrumente“) sowie bis zu 60 DSP-Algorithmen zusammengesetzt werden, wodurch verblüffend neue und bislang ungehörte Sounds entstehen, die aber stets eine natürliche Anmutung besitzen und sich sehr musikalisch spielen lassen.
Demgegenüber steht ein User-Interface, welches – bei aller Liebe – nicht besonders benutzerfreundlich ist: Die schiere Flut an Parametern nur mithilfe von fünf Tastern und einem Regler zu bedienen, ist nicht wirklich zeitgemäß. Verschmerzen ließe sich dies, wenn es wenigstens eine USB-Schnittstelle gäbe, über die man die Wavedrum mithilfe eines kleinen Editor-Programms am Computer editieren könnte. Und ein klein wenig unwohl wird einem bei dem Gedanken, dass sich die hart erarbeiteten eigenen Sounds nicht archivieren lassen – auch hier könnte eine Schnittstelle zum Rechner für Abhilfe sorgen. MIDI-Informationen zum Aufzeichnen im Sequenzer liefert die Wavedrum übrigens auch nicht.
Korg Wavedrum
Internet: www.korg.de
UvP Oriental: 594,—, Global: 713,—
Korg Wavedrum Mini
Die aufwendige Fell/Sensor-Technik der großen Wavedrum gibt’s bei der deutlich günstigeren Wavedrum mini zwar nicht, aber auch für die Mini hat man sich etwas Besonderes ausgedacht: Ein externer Trigger-Pickup lässt sich an beliebige Gegenstände klemmen, um diese als Schlagfläche zu nutzen. Für lustige Soundexperimente und auch für die Live-Performance ist das mehr als nur ein Gimmick.
Die 100 Presets (00 bis 99) bieten einen Querschnitt durch die Soundwelt von Drums, Percussion und Tuned Percussion. Wie bei den anderen Wavedrums geht das Angebot dabei über relativ normale Sounds (Conga, Udu, Djembe, Cajon, Tabla, Timbale, Kalimba etc.) über extravagante Variationen, die an Naturinstrumente erinnern, aber dennoch einen eigenständigen Charakter haben, bis hin zu sehr außergewöhnlichen Klangkonstruktionen, die zwar synthetisch sind, aber dennoch natürlich anmuten.
Das Verblüffende dabei ist (das gilt auch für die große Wavedrum), dass sich die Klangkomponenten meist sehr stark in Abhängigkeit von der Anschlagstärke ändern. Nicht nur die Klangfarbe ändert sich, sondern oft auch die Tonhöhe oder sogar das Basis-Sample. Viele Sounds beinhalten zwei Klangkomponenten, wobei die zweite erst bei stärkerem Anschlag hinzukommt.
Die Schlagfläche ist vor allem für das Spielen mit den Händen und Fingern ausgelegt; das Spielen mit Sticks geht zwar, man kann der Wavedrum Mini dann aber nicht mehr all die Feinheiten entlocken (auch wenn man die Empfindlichkeit entsprechend heruntersetzt), die sie zu bieten in der Lage ist.
Über den Sensor-Clip kann man einen zweiten Sound in der Mini ansteuern, wobei sich die Beschaffenheit des abgenommenen Gegenstandes auf den Sound auswirkt, denn der Clip ist nicht nur ein einfacher Trigger, sondern funktioniert so ähnlich wie der Pickup einer Gitarre: Klemmt man ihn also beispielsweise an eine Cowbell an, bekommt der Sound eine metallische Komponente; an einen weicheren Gegenstand geklemmt ändert sich der Sound entsprechend.
Die Wavedrum mini ist auf jeden Fall ein eigenständiges Mitglied der Wavedrum-Familie und nicht nur eine abgespeckte Sparversion, denn die Sounds faszinieren nicht weniger als bei den großen (und vor allem teureren) Wavedrums.
Korg Wavedrum mini
Internet: www.korg.de
UvP: 237,–
Roland SPD-SX
Das SPD-SX ist mit neun Spielflächen (sechs große und drei kleine) und rund 200 internen Sounds ausgestattet, wobei Letztere ausschließlich aus Samples bestehen, die natürlich auch überschreiben werden können. Insgesamt passen maximal 10.000 Samples in den 2 GB großen Speicher, das reicht für drei Stunden Stereo- bzw. sechs Stunden Mono-Material. Es müssen allerdings WAV- oder AIFF-Files sein, denn MP3s werden nicht akzepiert. Das Importieren, Selber-Erstellen und Bearbeiten von Samples ist bei Roland vorbildlich gelöst und im Handumdrehen geschehen, sogar das Schneiden oder Loopen geht hier ruckzuck – ein heißer Tipp also für alle, die gerne und viel mit Samples arbeiten.
Auf den Pads spielt man am besten mit Sticks. Die Empfindlichkeit lässt sich zwar ein gutes Stück erhöhen, aber für sensibles Hand- oder Finger-Spiel sind sie nicht die erste Wahl. Wer trotzdem Loops oder Sounds per Finger einstarten möchte, kann einzelne oder alle Pads auf „undynamisch“ schalten, dann ertönt selbst bei leisen Schlägen stets die volle Lautstärke. Interessant ist das SPDSX nicht nur Percussionisten/Drummer, sondern auch für Keyboarder, DJs oder MCs, die Sounds und Loops abfeuern und mit ihnen performen möchten.
Roland SPD-SX
Internet: www.rolandmusik.de
UvP: 819,90
Yamaha DTX-Multi 12
Im DTX-Multi 12 hat Yamaha auf sehr kleinem Raum so ziemlich alles umgesetzt, was man sich für ein Multi-Pad wünschen kann. Es besitzt zwölf Pads (je sechs quadratische und längliche), 1.277 (!) interne Sounds, die sich in einem der 200 Speicherplätze ablegen lassen, sowie 59 Effekte. Die Sounds sind erste Sahne, und die internen Effekte setzen noch ein kleines Häubchen oben drauf. Natürlich lassen sich die Pads mit Sticks spielen, aber sie lassen sich auch so empfindlich einstellen, dass man sie wunderschön mit den Fingern spielen kann.
Die Bedienung muss auch auf engstem Raum mit möglichst wenigen Tastern umgesetzt werden, was Doppelbelegungen und verzweigte Menüs erforderlich macht, und das nervt vor allem ein wenig, wenn man eigene Samples in bis zu vier Layern importieren und organisieren möchte. Dafür sind aber so ziemlich alle Funktionen vorhanden, die man sich nur denken kann. Zudem kann man das DTX-Multi 12 mit vielen externen Pads beträchtlich erweitern – praktisch, wenn z. B. der Drummer deiner Band einen Gig mal komplett elektronisch spielen muss.
Yamaha DTX-Multi 12
Internet: www.yamaha.de
UvP: 617,60
Roland Handsonic HPD-20
Das neuste Mitglied der „HandSonic“- Familie (HPD-10 und -15) ist vor allem auf das Spiel mit den Händen/Fingern ausgelegt. Dafür gibt’s 13 Silikon-Pads, die teils groß, teils sehr klein und in einem Kreis angeordnet sind, sodass sich für die Hände und/oder Finger tolle Spielflächen ergeben, die nicht nur anschlagdynamisch sind, sondern auch noch drucksensitiv reagieren. Hinzu kommt der Roland-eigene „D-Beam“: ein InfrarotSensor, der auf Handbewegungen reagiert und damit Sounds oder Modulationen auslösen kann – spektakuläre Performance für die Bühne inklusive!
An Bord sind 849 sehr gute Sounds, die bei Bedarf durch eigene Samples ergänzt werden können. Die Sounds lassen sich in 200 User-Kits ablegen und mit einem der 24 Multi-Effekte und/oder zehn Ambiences belegen. Hinzu kommen 100 Werk-Presets und Anschlüsse für externe Pads und Pedale. Von Natur bis spacig werden alle möglichen Soundwünsche bedient. Das Performen mit dem HPD-20 ist nicht nur musikalisch hoch interessant, sondern vor allem ein großer Spaß.
Roland HandSonic HPD-20
Internet: www.rolandmusik.de
UvP: 1.069,–
Vintage Synthesizerdrums
Einen Drummer, der über Schlagflächen elektronische Percussion-Sounds spielt, hat man zum ersten Mal bei Kraftwerk wahrgenommen. Wolfgang Flür, damals Schlagzeuger bei Kraftwerk, spielte auf selbst entwickelten Instrumenten. Die Innovation der Düsseldorfer Band weckte natürlich schnell bei anderen Musikern das Begehren nach entsprechenden Musikinstrumenten. Die Synare-Drumsynths von Star Instruments wurden dann von innovativen Bands wie Devo oder Joy Division und auch Acts wie Gary Numan oder von Cure-Drummer Lol Tolhurst genutzt.
Ausgestattet mit zwei Oszillatoren und resonanzfähigem Lowpass-Filter, Decay und Sweep-Envelopes konnte die Synare PS-3 weit mehr Klänge erzeugen als nur den in den 80ern allgegenwärtigen „Piuu“-Sound. Das Repertoire dieses frühen Drumsyntheizers, der auch heute noch bei Elektronik-Musikern hoch im Kurs steht, erstreckt sich von wuchtig warmen Bass- und Kickdrum-Sounds über fette Snares bis zu geräuschhaften und metallischen Klängen. Den entsprechenden SOUND&RECORDING-Artikel aus der Reihe „Love The Machines“ inklusive der Klangbeispiele der Synare PS-3 kannst kostenlos herunterladen.