Laut Gedacht: Streaming nimmt Musik ihren Sexappeal
Diese Woche beschäftigt unseren Kolumnisten das Thema Streaming. Wie sexy ist Musik noch, wenn sie wie am Wühltisch verschleudert wird? Laut Gedacht: die Keyboards-Kolumne mit Augenzwinkern und nicht immer ganz ernst gemeint.
Buchverlage machen gerade eine spannende Entwicklung durch: sie bemerken, dass sie ihr Kunst nicht verramschen dürfen. Ein Schmöker soll ein Stück Kultur sein. Doch von vorn: Statt roten, krumm aufgeklebten „Sonderpreis“ gibt es nur noch ein Ding auf gleicher Stufe, dass schreit: billig-günstig-klingeling. Der unsägliche “Schwellenpreis” – 9,99€, 14,99€ oder 24,99€ – der inzwischen wirklich überhaupt niemandem mehr weis machen kann, dass der Betrag nicht eigentlich schon der ist, der er ist. Verlage „runden“ also „auf“ und verzichten auf das Discountergefühl. Ein sehr lobenswerter Schritt.
Das Pendant zum krummen Buchpreis ist das Streaming. Punkt. Das Standartabo bei den bekanntesten Portalen kostet, na?? 9,99€. Da haben wir’s! Aber mal ganz im Ernst: Nicht nur der Preis drückt diesen Trend aus – die schiere Masse der Inhalte führt zur Entwertung von Musik.
Toll: Playlists mit tausenden von Songs. Schade: Neuerscheinungen werden angehört und landen im Zweifelsfall nach kurzer Zeit im imaginären Papierkorb. Und der wird immer voller. Beschäftigt man sich noch mit dem neuesten Red Hot Chili Pepper-Album, wenn der erste Song nicht sofort zugänglich klingt und sich die nächste Neuerscheinung schon in den Notifications ankündigt?
Im Klartext: wie sexy ist Musik noch, wenn sie wie am Wühltisch verschleudert wird?
Nun braucht man nicht jeden Fortschritt schlecht zu reden: Streaming bietet gerade für die Hörer
einige Vorteile: immer verfügbare Tracks, die Sammlung auch unterwegs mit dabei. Der interne Gerätespeicher wird geschont (alles eine gute Internetverbindung vorausgesetzt) und man kommt mit Bands in Berührung, die man früher die hätte entdecken können.
Ganz so schlimm ist Streaming also vielleicht doch nicht. Die Kritik klingt ja auch nach dem obligatorischen “Früher war alles besser”. Angesichts der Äußerungen vieler Musiker, die mit dem Streaming kaum noch wirklich Geld verdienen, bleibt aber spannend, wie sich der Markt entwickeln wird. Vielleicht drückt ja schon der eine Cent mehr aus, wie sehr die Hörer Kunst (zu der auch die Musik zu zählen ist) wertschätzen – mehr bleibt für die Künstler dann aber auch nicht übrig.
Wer nach wie vor skeptisch ist, greift also zur guten alten Schallplatte – für 27,99€!
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