Vielfalt der Bedienelemente von Synthesizern
Etwas, das mit den analogen Vintage-Synthesizern irgendwann von der Bildfläche verschwand, ist ihre spezielle Haptik. Ein weit unterschätztes Merkmal, selbst wenn es mit dem Klang eines Instruments nichts zu tun hat. Zumindest auf den ersten Blick, denn ein Sweep am Cutoff-Regler eines Minimoog klingt nicht nur anders − er fühlt sich auch besser an als an jedem noch so schicken MIDI-Controller.
Hier spielen Details wie Ergonomie und nicht zuletzt auch das Design generell eine Rolle. Für Instrumenten-Entwickler sind ganz besonders auch musikalische Aspekte ausschlaggebend dafür, wie sich ein Bedienelement anfühlen soll und vor allem: wie und was sich damit performen lässt.
Vintage-Synthesizer haben auch optisch ihren ganz eigenen Charakter und Charme, und ihre Bedienelemente allein besitzen schon einen hohen Wiedererkennungswert. Erfreut darf man beobachten, dass mit dem Trend der neuen analogen Synthesizer wieder frische Konzepte und damit auch individuelle Bedienelemente die Geräteoberflächen zieren.
Sounds (er)finden
Die Struktur von Panels und die Beschaffenheit der verbauten Bedienelemente begünstigt im besten Falle, dass wir uns möglichst schnell zurechtfinden und Bedienschritte nach einer gewissen Zeit fast wie von selbst ablaufen. Nur so gelingt es, Sounds auf intuitive Weise einzustellen − und das sollte das Ziel sein. Egal, ob man live spielt oder im Studio gerade an einer Bassline arbeitet: Man will schnell seine Klangvorstellungen umsetzen, ohne dafür in Display-Menüs abzutauchen. Gerade das ist ja ein riesiger Vorteil von analogen Synthesizern: Einen simplen Sound, der optimal in der Musik performt, hat man viel schneller eingestellt als beim Durchkramen seiner Presets und Sound-Libraries gesucht.
Sounds performen
Die meisten Keyboarder verbinden damit die Controller, die unmittelbar mit dem Spielen der Sounds in Zusammenhang stehen: Pitchbend und Modulation. Moog entwickelte dafür die Controller schlechthin − sie sind auch heute noch der Standard bei fast allen Keyboards und Synthesizern. Über die Handräder (Wheels) steuert »Modulation« in der Regel die Intensität einer zyklischen LFO-Modulation der Tonhöhe. Pitchbend erlaubt das Ziehen der Tonhöhe, ähnlich wie es ein Gitarrist mit den Saiten seiner Gitarre anstellt. Damit hätten wir schon mal die elementaren musikalischen Ausdrucksmittel: Intonation und Vibrato.
Aber es gibt noch viel mehr Möglichkeiten. Die einfachste Form ist das Steuern des Obertongehalts über das Filter. Damit kann man einem Solo Ausdruck verleihen sowie Melodiebögen entwickeln und variieren. Ebenso spannend ist es, im Zusammenhang mit »Envelope Amount« und den Hüllkurven für Filter und Lautstärke den Tonansatz zu formen. Ein Meister darin war z. B. Manfred Mann, dessen ausgedehnte Minimoog-Soli legendär sind. Seine Sounds variiert er ständig, mal klingen sie butterweich, mal zwitschert der Moog perkussiv, während knallharte Attacks im weiteren Verlauf des Solos sich durch jeden Mix fräsen. Zu empfehlen sind die frühen Alben wie Solar Fire, oder Nightingales & Bombers. Unvergessen natürlich das Solo in der Live-Version von Davy’s On The Road Again.
Für viele immer wieder verwunderlich ist, dass für solch ausdrucksstarken Umgang mit Sounds nicht etwa das leistungsstärkste Synthesizersystem gebraucht wird. Im Gegenteil, denn je einfacher die Struktur ist, desto effektvoller und sicherer lässt sich damit performen. Auch Keith Emerson benutzte für sein legendäres Solo auf Lucky Man eigentlich einen klassischen Rechteck-Sound. Überraschend ist, wie er diesen Sound spielt und die Glide-Funktion einsetzt. Okay − dann ist da noch der Sound seines Moog-Modular … so was hat natürlich nicht jeder.
Trotzdem sollte man sich nicht von der Größe und Komplexität eines Synthesizers blenden lassen. Wichtig ist, dass man das Teil auch unter Kontrolle hat − egal, ob man traditionell über die Tastatur oder mit Step-Sequenzern und Arpeggiatoren spielt. Der Ausdruck macht den Unterschied, und der will erschraubt werden!