Modulare Klangwelten
Wenn maximale Klangvielfalt im Vordergrund steht oder man nur ganz bestimmte Klangbausteine zur Ergänzung anderer Synthesizer in einem Gerät vereinen möchte, dann macht die Anschaffung eines Modularsystems doppelt Sinn. Erstens gibt es nichts Flexibleres, das sich nach individuellen Anforderungen zusammenstellen lässt, und zweitens macht es einfach maximalen Spaß.
Schränkeweise die verschiedensten VCOs, VCF & Co, digitale Komponenten neben oldschooligem Federhall, Step-Sequenzer, Eimerkettenspeicher und Boutique-Module sammeln, die nur wenige Menschen überhaupt zu Gesicht bekommen haben − es muss ein magischer Moment sein, so Musik zu machen.
Okay … lassen wir erst mal die Kirche im Dorf und schauen uns kleine und nützliche Lösungen an. Denn was nicht ist, das kann ja noch werden − schließlich ist es riesiger Vorteil eines Modularsystems, dass man sein Geld in überschaubaren Maßen über einen größeren Zeitraum investieren kann, möglichst auch nur in solche Module, die man aus klangforscherischem Pioniergeist auch tatsächlich braucht. Wer die Preislisten der Anbieter studiert, stellt fest, dass einzelne Komponenten gar nicht einmal so teuer sind, wenngleich sich gerade der Trend zu aufwendigen und teureren Modulen zu etablieren scheint. Aber war es nicht schon immer etwas teurer, besonders zu sein?
Mach was draus!
Wer sich immer schon gefragt hat, was man bloß mit den CV/Gate-Ein- und -Ausgängen von Synthis wie z. B. dem Arturia MiniBrute anstellen soll, findet hier die Antwort: Noch mehr Sounds schrauben! Was sonst? Warum aber macht es besonders in diesem Zusammenhang Sinn? Schließlich wird immer wieder lobend erwähnt, dass die Möglichkeiten, die dieser kleine Synth auf kleinstem Platz bereithält, ja schon vielseitig sind. Das stimmt auch, trotzdem sind die Möglichkeiten hier und da limitiert. Was man hier aus einem einzigen Oszillator herausquetschen kann, ist schon erstaunlich, dennoch bleibt’s dabei: Es ist eben nur ein Oszillator, so fallen einige interessante Dinge wie Sync, Ring-, Frequenz- oder Crossmodulation − und damit ein ganzer Klangkosmos − unter den Tisch.
KEYBOARDS 02/03 2016 – Modulare Welten
Die Zukunft ist patchbar! In der neuen KEYBOARDS-Ausgabe dreht sich diesmal alles um das Thema Modular Synthesizer. Dazu gibt es mit dem beiliegenden Modular Synthesizer Guide zusätzlich noch ein 16-seitiges Extra mit Infos zu den gängigen Systemen und einer umfassenden Herstellerübersicht.
Neben einem umfassenden Bericht zur neuen Messe Superbooth16, welche dieses Jahr zum ersten Mal ihre Tore in Berlin öffnete, geben wir euch in unserem Modular Synthesizer Special von KEYBOARDS einen tiefen Einblick in die aktuelle Modular-Szene. Unter Anderem stellen wir das junge und innovative Unternehmen Bastl Instruments aus Tschechien vor und werfen einen intensiven Blick auf die Wiederauflage des legendären Moog System 15. Zudem lassen wir den Synthesizer-Pionier Morton Subotnick sowie den aus Chicago stammenden Modular-Gothic-Künstler Surachai zu Wort kommen.
Mit einem Besuch bei Volker Müller im Studio für Elektronische Musik Köln tauchen wir ab in die Frühzeit der Modularen Synthese und in die Arbeitsweisen von Avantgardisten wie Karlheinz Stockhausen. Außerdem trafen wir uns mit dem Grandseigneur der Elektronischen Musik Jean-Michel Jarre um über Modular-Synthese, Live-Equipment und seine Kollaboration mit Edward Snowden zu sprechen.
Darüber hinaus besuchten wir Martin Höwner von Synthtaste in seiner exklusiven Restaurations-Werkstatt für Vintage-Synthesizer. In unserer Serie Vintage Park widmen wir uns diesmal dem aus Hawai stammenden Modular-Exoten Paia 4700.
Mit Reaktor 6 Blocks von Native Instruments befassen wir uns in der aktuellen Ausgabe unsres Magazins auch mit der Software-Seite der Modular-Synthese und den neuen damit verbundenen Möglichkeiten. Außerdem gedenken auch wir dem unvergessenen Prince Rogers Nelson mit einer exklusiven Transkription seines Klassikers Purple Rain.
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Dabei kann das Leben so einfach sein. Denn um die typischen inharmonischen, metallisch anmutenden Klangspektren zu erzeugen, braucht’s nur wenige zusätzliche Elemente. Patcht man z. B einen externen VCO auf den CV-Input vom Cutoff, haben wir schon pure Filter-Frequenzmodulation, mit der sich vielseitige Sounds schrauben lassen. Und das ist nur die simple Version. Wir nehmen noch einen Envelope und einen VCA hinzu, patchen den Gate-Output des MiniBrute mit dem Trigger-Input des Envelope, und schon können wir Pitch- und Amplituden-Modulation anwenden − wir werfen den Arpeggiator an, und unser MiniBrute sprüht Funken – einfach wunderbar.
1 Million Möglichkeiten
Dieses kleine Beispiel sollte nur zeigen, was mit wenigen Mitteln möglich ist. Natürlich gibt es viel, viel mehr Möglichkeiten, um Sounds zu patchen − und das reicht von klassischen Synth-Strukturen bis hin zum Mega-Patch, mit dem sich elektronische Musik performen lässt. Unendliche Sound-Atmos aus Selbstspieler-Patches (»Noodles« genannt) mit Feedback-Loops oder z. B. Sequenzergesteuerte Effekte. Die Anwendungen kennen keine Grenzen, und es kommen pro Woche gefühlt zehn neue Module heraus, die immer wieder neue fantastische Möglichkeiten eröffnen.
Tasten für Modulares
Was es bislang nicht wirklich gab, zumindest nicht in praxistauglicher Form, ist eine Synthi-Tastatur. Zwar gibt es klassische Tastaturen, meistens von Fatar, also in mittlerer bis sehr guter Qualität. Aber eine Klaviatur, die zum Spielen eines Modularsystems passt, gab es bisher nicht.
Der amerikanische Modulhersteller Verbos hat kürzlich mit dem Touchplate eine Klaviatur herausgebracht, die wie sämtliche Module von Verbos auch in großer Westcoast-Tradition gebaut ist. Angelehnt an die Buchla-Synthesizer schaut das Touchplate-Keyboard anders aus, und es setzt auch andere Schwerpunkte als herkömmliche Tastaturen. Qualitätsmerkmale wie Tastenhub, Druckpunkt und Aftertouch spielen hier keine Rolle, denn es werden keine Tasten heruntergedrückt. Die einer Klaviatur nachempfundene Oberfläche ist berührungsempfindlich und gibt neben dem Note-Trigger-Signal einen zweiten Spannungswert aus, der über den Hautwiderstand an der Oberfläche gemessen wird. Es mag zunächst etwas gewöhnungsbedürftig sein, aber mit dem Touchplate lässt sich ausdrucksstark spielen, wenn man die Lautstärke (VCA) oder die Cutoff-Frequenz des Filter steuert. Einziges kleines Manko: Beim Glissando-Spiel stören die scharfkantigen schwarzen »Tasten«. Ein geniales Feature sind aber die acht Regler mit ihren Touchpads, über welche man vordefinierte Controls abfeuern kann − das ähnelt im Ergebnis in gewisser Weise einem StepSequenzer, nur spielt man die Steps manuell.