Wersi AP-6 (*1977) Bass-Synthesizer
Gimme Bassssss, Bassie
Bass-Synthesizer gibt es nicht erst seit der TB-303, schon in den 70er-Jahren standen dem Tastenspieler spezialisierte, synthetische Tiefton-Erzeuger zur Verfügung. Ein besonders eigenwilliges Gerät ist der AP-6 von Wersi: Dieser monofone Analog-Synth bietet neben Bassklängen noch eine Reihe weiterer Sounds und sieht völlig anders aus als ein konventioneller, monofoner Synthesizer.
Ursprünglich war das Instrument von Wersi (einem der namhaftesten deutschen Orgelhersteller) als Add-On für den Organisten und Alleinunterhalter vorgesehen, der sein Klangrepertoire erweitern und auch ein paar fettere „moderne“ Disco- und Funk-Bässe abfeuern wollte. Daher ist der AP-6 auch sehr kompakt geraten und lässt sich gut auf einer Orgel platzieren. Nicht nur die Optik des AP-6, auch der Name „Baß-Synthesizer“ ist ungewöhnlich, denn außerhalb der deutschen Grenzen ist das „ß“ als Konsonant nicht gebräuchlich und wirkt exotisch. Später exportierte man auch ins Ausland, und da kam die Wersi-Marketing-Abteilung zum Zuge und taufte den Synth für den Export um. In den USA und in Kanada hieß der AP-6 fortan kumpelhaft „Bassie“. Der AP-6 wurde als Bausatz oder fertig montiert angeboten. Falls man eines der Geräte auf dem Gebrauchtmarkt ergattern möchte, sollte man das Innenleben checken, um sicherzustellen, dass es von einem erfahrenen Lötkolbenschwinger zusammengebaut wurde.
Äußeres
Der Synth befindet sich in einem mit Tolex bespannten Koffergehäuse (13 × 54 × 32 cm). Das Bedienfeld befindet sich unterhalb der Tastatur – etwas eigenwillig, aber ideal für den Orgelperformer, der sich das Ding auf sein Orgel-Monstrum packt, denn so liegen alle wichtigen Parameter im Blick. Viele Klangparameter sind mit einem Preset-Taster abrufbar, um für den Live-Musiker reproduzierbar zu sein. Die Tastatur des transportfreundlichen Instruments umfasst 36 Tasten und ist nicht anschlagdynamisch.
Klangerzeugung
Der AP-6 arbeitet mit einer monofonen Frequenzteilerschaltung: Ein Master-Oszillator liefert durch das Herunterteilen der Frequenzen alle notwendigen Tonhöhen. Es werden mehrere Wellenformen erzeugt, die auch gleichzeitig aktiviert werden können und alle mit einem eigenen Volume-Poti ausgestattet sind. Die Bass-Sektion arbeitet mit einer Rechteck-Wellenform, und mit dem Attack-Regler kann man noch ein kurzes Noise-Impuls-Signal für die Einschwingphase hinzufügen, um das Signal knackiger zu machen. Zur Simulation einer abgedämpften Spielweise aktiviert man mit dem „Damp“- Schalter eine Hüllkurve mit kurzer Sustain-Phase. Dem Signal lassen sich weitere Wellenformen hinzufügen, um den Sound anzudicken. Neben dem Sägezahn, der in zwei Fußlagen verfügbar ist (16′ und 8′), gibt es noch eine Rechteck- (8′) und eine Sinuswellenform mit fünf Fußlagen (16′ bis 1′), die einen Orgel- ähnlichen Charakter hat. Regelbar sind hier die Attack- und Release-Phase der Hüllkurve, alle Fußlagen lassen sich parallel zuschalten.
Es gibt kein Bier auf Hawaii ...
… aber Effekte: Die roten Taster der „Generator“ betitelten Abteilung sorgen für diverse Tonhöhen-Modulationen. Der Schalter für den Portamento-Effekt heißt hier im Alleinunterhalter-Speak „Hawaii“. Daneben gibt es eine Autobend-Funktion (ein Halbton) mit variabler Modulationsrichtung. Schließlich wird noch ein Vibrato-Effekt mit Delay-Funktion geboten, deren Intensität und Geschwindigkeit geregelt werden kann.
Mighty Wah
Die Filtersektion wird hier unter dem Begriff „Wah-Wah“ subsummiert. Das Tiefpass-Filter arbeitet mit 6 dB Absenkung pro Oktave und verfügt über eine feste Resonanz, die aber leider nicht regelbar ist. Das Filter kann manuell eingestellt, mit der oben beschriebenen Hüllkurve moduliert (zwei Preset-Einstellungen) oder mithilfe eines LFOs (der Orgelaffin „Rotor“ benannt wird) als Wah-Wah-Effekt betrieben werden. Das Filter klingt rund, greift aber nicht besonders kraftvoll ins Klanggeschehen ein.
Sound
Der AP-6 wurde konzipiert, um neben Synthesizer-Sounds auch eine Bassgitarre mit den damaligen Mitteln möglichst naturgetreu zu imitieren. Tatsächlich kommt man dem Charakter dieses Instruments manchmal recht nahe. Typische, druckvolle Synth-Bass-Sounds à la Moog Prodigy oder SCI Pro-One lassen sich allerdings mit dem AP-6 kaum realisieren. Da fehlt es neben dem Resonanzparameter auch an Möglichkeiten, mit einem zweiten Oszillator oder einer Pulswellen – modulation Schwebungen zu generieren. Trotzdem bietet das Gerät einen warmen und lebendigen Sound, der auch dank der umfangreichen Pitch-Modulationen und der zuschaltbaren Wellenformen nicht langweilig klingt. Die Sinuswellen geben dem Klang einen orgelartigen Charakter, durch Hinzufügen von Sägezahn und Rechteck wird der Sound knarziger.