ARP OMNI (*1976)
Flächenalleskönner
Es gibt Instrumente, die haben eine eingebaute melancholische Grundstimmung, die immer durchscheint, egal was man spielt. Der ARP Omni gehört zweifelsohne dazu, und es verwundert nicht, dass er der wichtigste Synthesizer bei Joy Divisions Recording-Sessions war und vielen epochalen Songs auf dem großartigen Closer-Album erst die richtige epische Dimension gab.
Gespielt wurde der ARP Omni meist von Gitarrist Bernard Sumner oder Joy-Division-Produzent Martin Hannet, der neben dem ARP String-Synthesizer bei den Closer-Sessions auch den monofonen Transcendent 2000 einsetzte. Hannet schickte den ARP (und andere Instrumente) gerne durch sein neuerworbenes AMS-Delay, den Marshall Time Modulator (ein rares Delay, mit dem sich auch tolle Flanger-Effekte realisieren lassen) oder ein Melos Band-Echo. Hannet hatte auch an Peter Hooks typischem Bass-Sound einen nicht unbeträchtlichen Anteil. Die Joy-Division-Nachfolger-Band New Order verwendete den ARP Omni ebenfalls, sowohl auf der Bühne als auch im Studio (Athmosphere).
Viele Musiker waren begeistert von dem für damalige Zeiten kompakten und transportablen Stringsynth; polyfone synthetische Sounds waren damals Mangelware. Neben Joy-Division und New Order gehörte eine sehr große Zahl von Musikern zu den Omni-Usern, darunter sind Rockbands wie The Cars, Kansas, Manfred Manns Earthband, ELO, Supertramp (die auf der Bühne auch schon mal zwei Omnis einsetzten), Santana, Bob Seger Band und Jazzer wie Yusef Lateef, Roy Ayers, Allan Zavod von der Jean-Luc-Ponty-Band (der auch einen Werbedeal mit ARP hatte), Black-Music-Vertreter wie Earth Wind & Fire, Trouble Funk, Commodores oder War, Elektroniker wie Kraftwerk, Tangerine Dream oder Massive Attack. Bis heute hat das Instrument nichts von seiner Faszination verloren und wird z. B. im Studio bei der aktuellen Tour von Synth-Wave-Legende John Foxx and the Maths eingesetzt.
Äußeres
Bei unserem Testgerät handelt es sich um die erste Omni-Version; sie besitzt ein kompaktes (90 × 40 × 14 cm) Gehäuse aus stabilem Stahlblech und ist mit hölzernen Seitenteilen ausgestattet. Toll ist das retro-futuristische „Omni“-Logo auf der Ober- und Rückseite des Instruments. Der Omni besitzt drei Klangerzeugungsblöcke (Strings, Synthesizer, Bass), die sich auf dem Panel über der vieroktavigen (nicht anschlagdynamischen) Tastatur einstellen und mischen lassen. Bei aktiviertem Bass sind die ersten anderthalb Oktaven für den Bass-Synth reserviert. Links neben dem Keyboard findet man das Bonbon, das den Omni von vielen anderen Stringmachines unterscheidet: eine komplette Filter- und Hüllkurven-Abteilung mit den ARP-typischen Schiebereglern für die Synth-Sektion.
Der ARP Omni ist ein Stringsynth-Klassiker, der auch heute noch eine Geheimwaffe für das gewisse atmosphärische Etwas bei einer Produktion sein kann. Man sollte aber beim Gebrauchtkauf darauf achten, ein überholtes und funktionierendes Gerät von einem vertrauenswürdigen Anbieter zu erstehen, denn die Reparatur des mit vielen diskreten Bauelementen ausgestatteten Gerätes und das Recappen erfordern viel Zeit und Kompetenz.
Klangerzeugung
Die analoge Klangerzeugung arbeitet mit einer Frequenzteilerschaltung und ist bis auf die monofone Bass- und Cello-Abteilung vollpolyfon. Die erste Omni-Version besitzt nur einen Multi-Trigger, d. h., wenn eine Taste gedrückt wird, wird die Hüllkurve immer erneut getriggert. Die zweite Version wurde dann mit einem Multi-Trigger ausgestattet. Die Strings bieten vier gleichzeitig aktivierbare Sounds (Violin, Viola, Cello und Bass) mit regelbarem Attack und Release. Die Synth-Abteilung ist mit zwei Fußlagen (4′, 8′) ausgestattet, und außerdem gibt es zwei Bass-Sounds (8′, 16′). Mit der „Wave Enhancement“-Funktion kann man zwischen Rechteck und einer Mischung aus Rechteck und Sägezahn wechseln. Synth und Synthbass lassen sich mit einer ADSR-Hüllkurve (für VCA und VCF) und einem 4-Pol-Lowpass-Filter mit Resonanz formen. Der Einfluss der Hüllkurve auf das Filter lässt sich regeln, außerdem gibt es noch ei – nen LFO mit Sinus-Wellenform, der die Cut – off-Frequenz moduliert. Letztere kann zudem noch durch eine externe Steuerspannung moduliert werden. Der patentierte Chorus/Phaser Effekt ist relativ nebengeräuscharm und rührt kräftig in der Soundsuppe; aber er ist nicht immer unbedingt notwendig, denn auch ohne klingt der Omni schön breit.
Sound
Der ARP Omni verfügt über einen deepen und wunderbar melancholischen Grundsound. Er ist nicht ganz so silbrig wie der Solina, aber auch dank des integrierten Synths etwas fetter. Die Synthesesektion ermöglicht zudem auch ungewöhnliche Sounds, die über das Repertoire einer String-Machine deutlich hinausgehen, wobei allerdings typische ARP-Axxe-Bässe oder Ähnliches nicht möglich sind; der Klang bleibt immer weich und ein wenig spacig. Das Filter kann bis zur Eigenschwingung gebracht werden und basiert (bei Version Mk I) auf dem ARP-eigenen 4075-Chip, der auch im Odyssey Mk II und im ARP Quadra zur Anwendung kommt.
ARP History
ARP wurde von A.R. Pearlman 1969 gegründet und ging nach dem desaströsen Misserfolg des Gitarrensynthesizers Avatar 1981 pleite. Pearlman war ein genialer Synthesizer-Pionier, aber er verabscheute im Grunde die Sex- und Drogenverseuchte Musikszene, aus welcher der Großteil seiner Kunden stammte. Trotzdem brachte die Firma viele sehr gute und erfolgreiche Synthesizer wie den Odyssey oder den Axxe heraus und hängte Moog bei den Verkaufszahlen locker ab. Mitte der 70er-Jahre kam ARPs größter Verkaufsschlager auf den Markt, der ARP Omni. Er ist der Nachfolger des ARP Solina String Ensembles und wurde mit zusätzlichen Synthese-Features wie einem Lowpass-Filter und einem LFO ausgestattet.
“Der ARP Omni verfügt über einen deepen und wunderbar melancholischen Grundsound….”
Es wird immer grotesker, wie ein Musikerslang-Denglish in´s Deutsche einzieht.
Ein anderer Act, der den Omni sehr großzügig eingesetzt hat, ist Flash & the Pan. Auf den ersten beiden Alben gibt es kaum einen Song, in dem man den Synthie nicht wabern hören kann.
Wußte ich nicht, danke für den Hinweis!