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Yamaha SY-1 (*1974) – Synthesizer

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(Bild: Dieter Stork)

Wenn 1887 das Harmonium in der Grundschule des japanischen Küstenorts nicht entzwei gegangen wäre, hätte es möglicherweise die Firma Yamaha nie gegeben. Der Einzige, der es wieder in Gang bringen konnte, war nämlich Torakusu Yamaha, der sehr an westlicher Technologie interessiert war und ansonsten medizinische Geräte reparierte.

Der findige Entwickler war von der Konstruktion des Harmoniums amerikanischer Herkunft begeistert und baute sich ein ähnliches Instrument. 1889 gründete er die Torakusu Yamaha Company, die zuerst Harmonien herstellte, und so fing eine bis heute andauernde Erfolgsgeschichte an. Vom Harmonium bis zum DX7 ist es dann noch ein weiter Weg. Eine wichtige Zwischenstation war der erste Yamaha-Synthesizer SY-1, der 1974 das Licht der Welt erblickte. Bei der Konzeption des Instruments spielte der erfolgreiche Preset-Synthesizer ARP Pro Soloist von 1973 eine nicht unwesentliche Rolle (siehe KEYBOARDS 5.2006). Die meisten Keyboarder schätzten in den 70er-Jahren die Möglichkeit, bühnentaugliche Geräte zu spielen, deren Klangfarben man per Knopfdruck umregistrieren konnte.

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Modellvarianten

Der SY-1 wurde bis 1979 gebaut. Yamaha brachte außerdem noch zwei Modellvarianten auf den Markt, um den individuellen Ansprüchen der Musiker gerecht zu werden. Da gibt es einmal den SY-2, der im Tolex-Gewand mehr nach Bühneninstrument aussieht, und den CSY-1, bei dem der SY-1-Mono-Synth in eine Orgel integriert wurde.


Der Yamaha SY-1 bietet mehr Möglichkeiten, als man auf den ersten Blick vermuten würde. Auch heute wird Yamahas erster Solo-Synthesizer von vielen Musikern geschätzt und gerne eingesetzt, um modernen Produktionen den gewissen analogen Charme zu geben.


Äußeres

Das Holzfurnier-bewehrte Äußere des SY-1 strahlt verhaltene Gemütlichkeit aus, die durch die sachliche Formgebung ein wenig gebremst wird. Auffallend sind die bunten Kippschalter für die Presets, die daran erinnern, dass Yamaha bisher vor allem Orgeln hergestellt hatte. Das 3- Oktaven-Keyboard bietet eine akzeptable Spielbarkeit und verfügt über Aftertouch, welcher sich zur Steuerung der Filtereckfrequenz, des LFOs und des VCAs einsetzen lässt. Links von der Tastatur findet man sieben Fader und fünf Potis zum Erstellen von eigenen Sounds auf der Basis der Presets.

Klangerzeugung

Die analoge Klangerzeugung ist monofon und bietet einen spannungsgesteuerten Oszillator mit den Wellenformen Sägezahn, Rechteck (mit regelbarer Pulsweite) und Sinus. Bei manchen Presets kommt eine Pulsweitenmodulation zum Einsatz. Zur Klangformung dient ein Lowpass-Filter mit Resonanz und 12 dB Absenkung pro Oktave. Ein ganz naher Verwandter dieses Filters wurde übrigens im sagenumwobenen Synth-Schlachtschiff GX-1 verbaut, zu dessen Besitzern u. a. Keith Emerson und Stevie Wonder gehörten. Der SY-1 verfügt außerdem über diverse, je nach Preset individuell ausgelegte Festfilter, ein Highpass-Filter und über eine regelbare Pitch-Hüllkurve. Außerdem ist er mit Portamento und einem LFO ausgestattet, mit dem sich VCF und VCA modulieren lassen.

Sound

Der SY-1 kann mehr, als man ihm auf den ersten Blick zutrauen würde: Er liefert ausdrucksstarke Sounds, die sich am besten als Lead-Synth einsetzen lassen. Dabei ist er auch in dichteren Arrangements äußerst durchsetzungsfähig. Das Klangspektrum reicht von softem, Krautrock-artigem über kraftvoll-bissiges bis hin zu dreckigem, filtermoduliertem Soundmaterial. Der spezielle Sound des tollen Lowpass-Filters (dessen Resonanz aber nicht zur Eigenschwingung gebracht werden kann) trägt viel zum speziellen SY-1-Klang bei. Der Yamaha-Debüt-Synth kann dank Aftertouch sehr expressiv gespielt werden. Bei den Presets (die man zum Glück an eigene Bedürfnisse anpassen kann) findet sich viel Brauchbares, alle, die die 70er-Jahre-Synth-Ästhetik lieben, kommen hier voll auf ihre Kosten.


Knobexploit

Das Gerät wurde uns freundlicherweise von Ernst Hill zur Verfügung gestellt. Er betreibt in Eindhoven einen Spezialhandel für Vintage-Equipment und Synthesizer. Zu seinen Kunden gehören Acts wie Coldplay oder Chemical Brothers. www.facebook.com/Knobexploit

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