Farfisa Fast 3 Combo Organ (*1968)
In den 60er-Jahren war Farfisa neben Vox die angesagte Orgelmarke bei Band-Keyboardern. Die Hammond-Orgeln, insbesondere die B3, wurden erst ab Ende des Jahrzehnts populär.
Farfisa war eine italienische Firma, die 1948 von Silvio Scandalli und Settimio & Paolo Soprani gegründet wurde. Man stellte Musikinstrumente, Effektgeräte und Verstärker her und brachte 1962 das erste transistorbasierte Akkordeon auf den Markt. Der Name Farfisa steht übrigens für „FAbbriche Riunite De FISArmoniche“, was übersetzt „Vereinigte Akkordeon Fabriken“ bedeutet; vier verschiedene AkkordeonMarken (Settimio, Soprani, Scandalli und Frontallini) wurden damals unter einem Dach zusammengefasst.
Die Firma besaß Fabriken in Castefiardo, Camerano und Aspio. In Aspio wurden die Combo-Orgeln und die elektronischen Musikinstrumente gefertigt. 1962 inspirierte der Erfolg der Vox ComboOrgeln die Firma, eigene Modelle herauszubringen, und die Italiener begannen, auf der Basis ihrer Akkordeon-Transistor-Technologie Orgeln zu fertigen. Das Resultat war die CompactReihe, die in der ersten Hälfte der Sechziger erstmals vorgestellt wurde. In den USA wurden die Orgeln (und andere Farfisa-Produkte) von der Firma CMI (Chicago Musical Instrument Company) vertrieben und vermarktet. Heute existiert die Firma allerdings nicht mehr eigenständig, und die Farfisa-Namensrechte liegen bei Bontempi.
Zahllose Bands, von Pink Floyd über Sly Stone bis zu Sun Ra, benutzten Farfisa Combo-Orgeln, wobei die Compact-Serie besonders angesagt war. In der New-Wave-Ära entdeckte und schätzte man diese Instrumente wieder; Bands wie Blondie, Talking Heads oder B-52’s gaben ihrem Sound mit Farfisa-Orgeln das gewisse Etwas. Die Vox-Orgeln (Continental, Jaguar etc.) hatten einen charakteristischen, etwas dünnen und quäkigen, aber sehr durchsetzungsfähigen Sound, während die Farfisa Compact etwas voller, flötenartiger und ein wenig „spaciger“ klingt.
Die etwas klobigen Compact-Modelle sahen allerdings nicht so slick aus wie die schlanken Vox Combo-Orgeln mit ihren „modernen“, schön geschwungenen Chrom-Gestellen. 1968 stellte Farfisa die neue Fast-Serie als Compact-Nachfolger vor. FAST ist übrigens ein Akronym für „Farfisa All Silicon Transistor“. Das Design der neuen Reihe hatte mehr Sex als die alten Compact-Modelle (die allerdings noch bis 1969 angeboten wurden). Die neuen Modelle waren bei Musikern allerdings nie so beliebt wie die Compact-Serie.
Äußeres
Die FAST-Orgeln haben wie das Vox-Vorbild stabile, geschwungene Chromständer, die mit Scharnieren fest am Gehäuse befestigt sind und zum Transport eingeklappt werden. Auch ein Tragegriff ist integriert. Die FAST Version 2 und die im Holzdesign gehaltene CONSOLE COMPACT FAST zielten eher auf den Heimanwender- oder Anfänger-Markt ab. Für den professionellen Einsatz waren vor allem die Modelle FAST 3, 4 und 5 gedacht. Die stabile, aber im Vergleich zum Vorgänger verschlankte Orgel gibt es in hippen Farbkombinationen, die in mehreren Varianten existieren: Eine verbreitete Farbgebung ist eine weißes Stahlblechgehäuse mit grünen oder schwarzen Plastikseitenteilen.
Die Orgel ist für den harten Bühnenalltag konzipiert und sehr solide verarbeitet; allerdings bringt sie auch stolze 28 kg auf die Waage. Die FAST 3 kostete 425 Dollar und bietet ein 49-Tasten-Keyboard (C bis C), bei dem die weißen Tasten grau und die schwarzen in weiß gehalten sind. Die Tastatur ist bei den mittlerweile betagten Modellen meist nicht mehr in bestem Zustand und klappert daher ziemlich. Nicht wenige der Vintage-Schätzchen neigen auch gern mal zu Kontaktproblemen.
Die untere Oktave der Tastatur ist farblich abgesetzt und kann als BassManual eingesetzt werden. Die Bedienelemente sind leicht angeschrägt und etwas versenkt. Mit sieben Wippschaltern lassen sich folgende Klangfarben auswählen: Bass, Clarinet, Flute (8′), Oboe, Trumpet, Strings, Flute (4′). Als Effekt steht ein Vibrato zur Verfügung, das man zwischen schneller und langsamer Geschwindigkeit umschalten kann. Die schwarzen Wippen dienen der Aktivierung des Bass-Sounds und der Anwahl zweier Bass-Klänge. Außerdem gibt es noch einen Lautstärkepoti und den Netzschalter. Anschlussseitig verfügt die Orgel über eine als Klinke ausgeführte Ausgangsbuchse, einen Kopfhöreranschluss sowie Anschlüsse für ein optional zu erwerbendes Laustärkepedal und ein einoktaviges Fußbasspedal.
Weitere Fastmodelle
Die 725 Dollar teure Fast 4 bietet eine zusätzliche Klangfarbe (Piccolo 8′) und zwei Mix-Einstellungen (5 1/3′ + 2 2/3′ und Brilliant). Au- ßerdem wurde ein Percussion-Effekt (vermutlich durch die Hammond-Orgeln inspiriert) implementiert, und die Bass-Sektion lässt sich auf Wunsch auch auf zwei Oktaven erweitern. Außerdem kann die Intensität des Vibratos variiert werden (Light/Heavy). Die Fast 5 entspricht dem 4er-Modell, verfügt aber noch über drei zusätzliche „Sustain“-Klänge, die im hohen Frequenzbereich angesiedelt sind und eine zusätzliche Portion Cheesiness ins Spiel bringen: Celesta, Clavichord und Kinura (alle 8′). Sie war Ende der 60er-Jahre für 825 Dollar zu haben.
Sound
Der Sound der Fast-Modelle ist durchsetzungsfähig und bissig (insbesondere der StringSound), kann aber bei entsprechender Registrierung und dem Einsatz der Flute- oder OboeSounds auch weicher und etwas voluminöser sein. Ihr Klangcharakter geht ein wenig mehr in Richtung Vox-Orgeln als die älteren CompactModelle. Für einen stilechten 60s-Sound sind sie jedenfalls sehr gut geeignet. Die FAST-Modelle werden von vielen Garage/ Mod-Bands eingesetzt, aber auch bei Soul-Bands wie den Jackson 5 fand sie Verwendung. Sogar Minimal-Music-Komponist Philipp Glas benutzte das Model Fast 4 bei frühen Aufnahmen und Konzerten.
Ist eine Farfisa Fast verstimmt, lässt sich Abhilfe schaffen. Man muss das Gehäuse öffnen und kann jeden der 12 Master-Oszillatoren der Klangerzeugung einzeln stimmen. Allerdings sollte man dabei mit chirurgischer Vorsicht zu Werke gehen, denn die Stimmschrauben haben ein paar Jahre auf dem Buckel und können bei zu kraftvollem Drehen mit dem Schraubenzieher auch mal abbrechen, und dann sieht’s erstmal finster aus. Auf dem Gebrauchtmarkt ist die Orgel in den letzten Jahren immer schwerer zu finden.