Roland Promars MRS-2 (*1979)
In den Siebzigerjahren wurde der Synthesizermarkt von den großen amerikanischen Marken wie ARP und Moog dominiert, und japanische Firmen wie Roland hatten noch nicht so große Marktanteile.
Zu den Features, die damals besonders begehrt waren, gehörten schnell abrufbare Sounds, wodurch sich die große Zahl an Presetsynths in dieser Ära erklärt. Das Nonplusultra war allerdings die Möglichkeit, eigene Sounds abzuspeichern und wieder aufzurufen; der Sexappeal dieser Fähigkeit ist heute nur noch bedingt nachzuvollziehen, damals war es aber ein Killerfeature und Roland versuchte im Jahre 1978 die amerikanischen Synth-Bastionen damit zu stürmen. Die Japaner statteten gleich zwei Synths mit programmierbaren Speicherplätzen aus: den vierfach polyfonen Jupiter-4 von 1978 und den ein Jahr später herausgebrachten Promars. Der Jupiter-4 kostete ca. 2.500,– Euro, der Promars, der von 1979 bis 1982 gebaut wurde, war etwas billiger zu haben.
Speicher
Die Synths tragen stolz den in Science-Fiction-Schriftzügen gehaltenen Beinamen „Compuphonic“ und die Speicher-Sektion ist als Compu-Memory gekennzeichnet. Beide Roland-Modelle gehören zu der seltenen Spezies von Synthesizern die mit spannungsgesteuerten Oszillatoren ausgestattet sind und über Speicherplätze verfügen. Das RAM, das auf einem Intel 8080 Chip basiert, umfasst acht Speicherplätze, die sich putzige 128 Byte teilen müssen; außerdem gibt es noch 10 Presetsounds. Leider können gespeicherte Sounds nicht verändert werden; wenn ein RAM Sound aufgerufen ist, sind fast alle Regler des Instruments außer Funktion. Will man ein Patch modifizieren, muss es komplett neu programmiert werden. Nur im Manual-Modus hat man Zugriff auf die Parameter. Eine Ausnahme ist der zusätzlich zum Filter vorhandene Brilliance-Regler, der sowohl in der Preset- als auch in der Manual-Betriebsart arbeitet. Heute interessieren den User aber weniger die Speichermöglichkeiten als die klanglichen Fähigkeiten der Geräte und hier hat der Promars immer noch die Nase vorn.
Äußeres und Klangarchitektur
Der Synth mit dem kriegerischen Namen ist mit ca. 12 kg kein Leichtgewicht; wenn dann noch ein Case dazukommt, freut sich der Orthopäde. Das Gehäuse aus dickem Stahlblech ist mit hölzernen Seitenteilen ausgestattet, wie es sich für einen Synth-Klassiker aus den siebziger Jahren gehört. Links neben dem drei-oktavigen (nicht anschlagdynamischen) Keyboard befinden sich viele Spielhilfen: Der typische Roland-Bender ist mittengerastert, und kann mittels Kippschalter auf verschiedene Modulationsziele wie VCO, VCF und VCA geroutet werden. Mit den Schaltern lassen sich die genannten Ziele auch auf einen LFO legen, dessen Geschwindigkeit mit einem Poti regelbar ist. Auch der Bending-Bereich lässt sich stufenlos einstellen. Die Klangparameter sind sehr übersichtlich auf dem leicht angeschrägten Metall-Panel angeordnet. Im Gegensatz zu seinem vierfach polyfonen Geschwistermodell Jupiter-4 besitzt der monofone Promars zwei Oszillatoren. Oszillator 1 verfügt über drei Fußlagen (16′, 8′, 4′) und erzeugt die Wellenformen Rechteck, Sägezahn und Puls. Letzterer ist mit variabler Pulsbreite ausgestattet, die sich auch durch den LFO steuern lässt. Die Bedienelemente des zweiten Oszillators verstecken sich verschämt auf der rechten Seite über der Tastatur. Sie bestehen lediglich aus einem Wahlschalter, mit dem man zwei Stimmungen in Relation zu VCO 1 auswählen oder den Oszillator deaktivieren kann. Alle anderen Einstellungen entsprechen denen des ersten Oszillators. Das Feature, zwei Tunings blitzschnell umschalten zu können, ist allerdings klasse und erhöht die Flexibilität bei der Performance. Ein Noise-Generator ist auch vorhanden, seine Lautstärke kann aber nicht geregelt werden, er lässt sich nur an- oder abschalten. Pluspunkte sammelt der Promars dann wieder mit seinem schnellen LFO, der bis ca. 80 Hz reicht und damit schön böse Frequenzmodulationen erlaubt. Als Modulationsziele für den LFO stehen die Pulsbreite, der VCO und die Filterfrequenz des Lowpassfilters zur Verfügung. Neben dem mit Resonanz, vier wählbaren Keytracking-Einstellungen und Envelope-Modulation ausgestatteten Lowpassfilter, kann parallel ein Highpassfilter betrieben werden, das allerdings ohne Resonanz auskommen muss und nicht modulierbar ist. Die (ADSR-) Hüllkurven, die für VCA und VCF zur Verfügung stehen, arbeiten übrigens erfreulich schnell, sodass Synthpercussion in bewährter Kraftwerk-Manier unproblematisch zu realisieren sind. Die Filter-Hüllkurve lässt sich invertieren. Die MIDI-fizierung eines Promars stellt kein Problem dar, denn auf der Rückseite finden sich CV/Gate-Buchsen und der Synth arbeitet mit der klassischen 1 Volt/Oktave-Charakteristik. Ansonsten gibt es noch einen Monoausgang, einen Kopfhöreranschluss und einen Fußpedaleingang für den Bend-Controller.
Sound
Der Klang der spannungsgesteuerten Oszillatoren ähnelt (in manchen Einstellungen) ein wenig dem des VCOs des legendären Modularsynthesizers System 100 von Roland und das Filter erinnert klanglich etwas an die SH-Serie. Da er zwei gegeneinander verstimmbare Oszillatoren besitzt, sind schöne Schwebungen problemlos einzustellen. Der Promars kann sehr voll und warm klingen, aber auch harsche experimentelle und Ringmodulator-ähnliche Klänge lassen sich dank des schnellen LFOs und der Filter-FM im Handumdrehen erzeugen. Soll ein Sound etwas schmutziger klingen, so erreicht man dies einfach durch die Übersteuerung des VCA. Die zehn Presets haben einen hohen Cheesy-Faktor und sorgen beim Anspielen eher für gute Laune als ehrfurchtsvolles Staunen. Dass der Promars weit mehr ist als nur der kleine Bruder des polyfonen Jupiter-4 haben namhafte Produzenten und Musiker in den frühen 80er-Jahren schnell bemerkt. Eingesetzt wurde er z.B. von GARY NUMAN, KLAUS SCHULZE, HOWARD JONES, VANGELIS, SPANDAU BALLET, ADD N TO (X), JETHRO TULL, OMD, HEAVEN17 und nicht zuletzt DEPECHE MODE. Ein großartiger Synth, der leider viel zu selten auf dem Gebrauchtmarkt zu finden ist. Das Instrument wurden uns freundlicherweise von der Firma Touched By Sound (www.touched-by-sound.com) zur Verfügung gestellt, die neben Neugeräten auch immer viele interessante Vintage-Geräte anbietet.