SynthLab – der einfache Weg zum Modularsystem Vol.2
Die Qual der Wahl: Welche Modulauswahl ist für mein System optimal? In dieser SynthLab-Folge helfen wir bei der sinnvollen Zusammenstellung eines individuellen Einsteigersystems.
Die Lektüre der vergangenen SynthLab-Folge in KEYBOARDS 1.2012 hat uns – hoffentlich – die grundsätzliche Entscheidung zwischen den beiden favorisierten Systemen Eurorack und 5-HE um einiges einfacher gemacht. Nach Klärung der Formatfrage und Durchsicht einiger Anbieter-Webseiten stehen wir nun einer faszinierend umfangreichen Modulauswahl gegenüber: allein im Eurorack-Format über 300 Modelle in verschiedensten Preiskategorien! Clones von Klassikern locken ebenso wie moderne Digitalmodule. Wie geht es weiter?
Mithilfe einiger grundsätzlicher Überlegungen wollen wir Licht in den Modul-Dschungel bringen und vor allem Neueinsteigern die sinnvolle Konzeption ihres Systems erleichtern. Die aufgeführten Tipps sind in erster Linie als Anregungen gedacht, denn letztlich ist die endgültige Auswahl der Module so individuell und persönlich wie die Musik, die damit entstehen soll.
Die erste Frage erscheint zunächst ebenso banal wie simpel und entscheidet dennoch erheblich über das Aussehen des geplanten Systems:
Wie viel Platz und welches Budget stehen zur Verfügung? Man sollte an dieser Stelle mancher Verlockung widerstehen und Realist bleiben – auch ein Hans Zimmer hat mal klein angefangen … Zudem werden wir feststellen, dass selbst äußerst kompakte Systeme erstaunlich leistungsfähig sein können. Glücklicherweise bestätigt sich immer wieder, dass auch preiswertere Produkte im aktuellen Modulangebot einen ausreichend hohen Qualitätsstandard aufweisen. Selbstverständlich ist Perfektion eine schöne Sache – für tollen Sound und angenehmes Handling müssen dennoch nicht zwingend alle Module durchweg Boutique-Level entsprechen.
KEYBOARDS 02/03 2016 – Modulare Welten
Die Zukunft ist patchbar! In der neuen KEYBOARDS-Ausgabe dreht sich diesmal alles um das Thema Modular Synthesizer. Dazu gibt es mit dem beiliegenden Modular Synthesizer Guide zusätzlich noch ein 16-seitiges Extra mit Infos zu den gängigen Systemen und einer umfassenden Herstellerübersicht.
Neben einem umfassenden Bericht zur neuen Messe Superbooth16, welche dieses Jahr zum ersten Mal ihre Tore in Berlin öffnete, geben wir euch in unserem Modular Synthesizer Special von KEYBOARDS einen tiefen Einblick in die aktuelle Modular-Szene. Unter Anderem stellen wir das junge und innovative Unternehmen Bastl Instruments aus Tschechien vor und werfen einen intensiven Blick auf die Wiederauflage des legendären Moog System 15. Zudem lassen wir den Synthesizer-Pionier Morton Subotnick sowie den aus Chicago stammenden Modular-Gothic-Künstler Surachai zu Wort kommen.
Mit einem Besuch bei Volker Müller im Studio für Elektronische Musik Köln tauchen wir ab in die Frühzeit der Modularen Synthese und in die Arbeitsweisen von Avantgardisten wie Karlheinz Stockhausen. Außerdem trafen wir uns mit dem Grandseigneur der Elektronischen Musik Jean-Michel Jarre um über Modular-Synthese, Live-Equipment und seine Kollaboration mit Edward Snowden zu sprechen.
Darüber hinaus besuchten wir Martin Höwner von Synthtaste in seiner exklusiven Restaurations-Werkstatt für Vintage-Synthesizer. In unserer Serie Vintage Park widmen wir uns diesmal dem aus Hawai stammenden Modular-Exoten Paia 4700.
Mit Reaktor 6 Blocks von Native Instruments befassen wir uns in der aktuellen Ausgabe unsres Magazins auch mit der Software-Seite der Modular-Synthese und den neuen damit verbundenen Möglichkeiten. Außerdem gedenken auch wir dem unvergessenen Prince Rogers Nelson mit einer exklusiven Transkription seines Klassikers Purple Rain.
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Wozu das Ganze?
Wie möchte ich mein Modularsystem einsetzen? Eine der wichtigsten Fragen bei der Systemplanung. Wird damit ausschließlich im Studio gearbeitet, oder soll es (auch) auf der Bühne zum Einsatz kommen? Ist das System mein einziges und ausschließliches Instrument, oder soll es vorhandene Synthesizer ergänzen? Dient es in erster Linie als Klangerzeuger, oder ist der Einsatz als Effektmaschine geplant? Wird vielleicht sogar an eine ganz spezifische Aufgabe gedacht – etwa als Drum-Synthesizer oder Sequenzer?
Je weiter und sorgfältiger wir einen solchen Fragenkatalog aufstellen und beantworten, desto genauere Formen nimmt das geplante System in unserer Vorstellung an. Das Herstellerangebot lässt sich nun wesentlich zielorientierter durchstöbern.
Abgeschaut
Beste Beispiele für gelungene Modulzusammenstellungen liefert die Betrachtung entsprechender Vintage-Synthesizer: Moogs Standard-Modulkonfigurationen und semimodulare Instrumente wie ARP 2600, Korgs MS-Serie oder die EMS-Synthis sind nicht von ungefähr Klassiker und seit Jahrzehnten für ihre lückenlos durchdachte Konzeption berühmt. Bei genauerer Betrachtung offenbaren diese Instrumente zahlreiche Gemeinsamkeiten, die man bei der Planung des eigenen Systems sehr gut als Orientierungshilfe berücksichtigen kann.
Bei der Zusammenstellung unseres Synthesizers folgen wir dem Signalpfad und beginnen mit der Oszillator-Sektion. Dabei ist übrigens Dopefers Online-Modulplaner eine große Hilfe – egal, für welches System man sich letztendlich entscheiden wird.
In dieser Sektion sollte man die wenigsten Kompromisse eingehen – was sie nicht zu leisten vermag, wird auch an anderer Stelle nicht nachgereicht. Grundsätzlich gilt: Je mehr Oszillatoren, desto besser! Zwei sollten es in jedem Falle sein, drei schaden nicht (fetterer Sound, mehr Modulationsoptionen, Dreiklänge möglich usw.). Hier sollten wichtige Fragen lauten: Bieten die Module genügend Modulationseingänge? Benötige ich Oktavwahlschalter für schnelles Stimmen? Welche Wellenformen werden generiert (auch Sinus kann z. B. für Drumsounds und Subbässe wichtig sein), stehen sie gleichzeitig zur Verfügung?
Nicht alle Oszillatoren müssen identisch sein, zudem sollte sich wenigstens einer als LFO nutzen lassen. Ergänzt man zwei eher konventionell ausgelegte VCOs mit einer dritten, vielleicht digitalen Klangquelle (z. B. Wavetable-Generator o. Ä.), erweitert man das klangliche Spektrum um ein Vielfaches. Gleiches gilt für Waveshaper und Ringmodulator, mit denen man die Oszillatorsektion komplettieren kann. Will man externe Instrumente bearbeiten, benötigt man ein entsprechendes Interface-Modul mit Eingang, Preamp und möglichst einem Hüllkurvenfolger.
Den Oszillatoren folgt der Mixer. Er ist spätestens bei zwei und mehr Klangquellen ein Muss. Zudem ist es praktisch, wenn das Modul im Bedarfsfall auch Steuerspannungen mischen kann und selbst Modulationseingänge besitzt.
Die meisten Vintage-Klassiker verfügen über ein einziges Filter – damals nicht selten der Stolz eines jeden Herstellers, heute dank hochwertiger Clones beliebig kombinierbar. Verwendet man zwei klanglich und technisch unterschiedliche Modelle – etwa einen Moog-ähnlichen Tiefpass und einen Multimode-Filter, erhält man eine große klangliche Flexibilität. Darüber hinaus sollte auf der Checkliste stehen: Genügend Modulationseingänge? Modulierbare Resonanz?
Grundsätzlich ist ein einzelner VCA im Signalweg ausreichend. Für zahlreiche Anwendungen, wie etwa überzeugende Drumsounds, sollte man jedoch die Möglichkeit einplanen, direkt hinter jeden Oszillator einen VCA zu patchen. VCAs sind an sich eher unspektakuläre Module und werden daher gerne vernachlässigt. Man sollte jedoch nicht vergessen, dass ihre Qualität erheblichen Einfluss auf den Gesamtklang des Systems hat. Als Abschluss kann man dem Audiosignalweg ein Effektmodul spendieren – je nach bevorzugter Klangvorstellung empfehlen sich etwa ein Verzerrer, ein Bit-Crusher oder ein Modulationseffekt (Phaser, Chorus etc.) Das Angebot ist auch hier mittlerweile riesig.
Das Thema LFO wurde schon oben kurz angesprochen. Besitzt das System reine Audiooszillatoren, ist ein zusätzlicher LFO notwendig. Hier sollte man nicht nur der Wellenformauswahl Beachtung schenken, sondern auch an eine Möglichkeit zur Synchronisation denken. Sie wird insbesondere in Verbindung mit einem MIDI-Interface wichtig werden.
Zwei Hüllkurven sind das Minimum, eine weitere wird man oft zu schätzen wissen. Einige Hersteller bieten Module mit mehreren identischen Hüllkurven zu einem interessanten Preis an – das spart nicht nur Platz, sondern meist auch Geld. Modulierbare Hüllkurvenparameter erlauben sehr dynamisch spielbare Klänge. Man sollte jedoch nicht außer Acht lassen, dass ihre musikalisch sinnvolle Nutzung weitere Module erfordert – etwa ein entsprechend ausgestattetes MIDI-Interface (Stichwort Velocity) oder einen Sequenzer, der geeignete CVs generiert.
MIDI-Interfaces in Modulform werden von zahlreichen Herstellern angeboten. Man wird hier problemlos fündig. Unbedingt notwendig ist eine möglichst große Anzahl Multiples. Verteilt man sie zwischen den Modulen, reichen kürzere Patchkabel aus, was wiederum der Übersicht zugute kommt. Auch über einige zunächst vielleicht unspektakulär wirkende Accessoires sollte man nachdenken: Lag-Prozessor (für Portamento-Effekte) und Sample & Hold-Modul (sofern nicht im LFO integriert) machen Sinn. Wird der Platz knapp, empfiehlt sich ein einzelnes Modul mit einer Kombination aus mehreren Steuerspannungsprozessoren.
My System
Betrachten wir unser System, werden wir feststellen, dass es in zahlreichen Punkten den angesprochenen Klassikern ähnelt, aber um einige sinnvolle Ausstattungsdetails ergänzt wurde. Dennoch ist der Platzbedarf überschaubar. Die Bestückung ist bewusst recht konventionell gehalten, gerade deshalb aber musikalisch vielseitig nutzbar, und die Klangausbeute ist enorm. Zudem bildet die vorgeschlagene Zusammenstellung eine gute und ausreichend vollständige Grundlage, um das System bei Bedarf zu erweitern und somit für speziellere Aufgaben auszustatten.